Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Berichte, 
Kritiken, 
irternngen 
44115107109. aus dem Herzen gesprochenes Wort, dazu gehen wir in die 
llütten der Armen, dazu verbinden wir uns in Vereinen, die kleinen 
Mittel des Einzelnen zur grösseren Gcsammtwirknng zusammenzutragen; 
dazu brauchen wir keine Bilder, und thöricht wäre es, unser Geld, das 
für die Armen bestimmt ist, für solche Darstellungen hinzuwerfen. Wir 
sind hier übrigens bei dem äussersten Extrem des Realismus in der Kunst 
angelangt, und wir finden, dass er in solcher Anwendung wieder auf dem 
schönsten Wege ist, ausserkünstlerisehen Zwecken ebenso gehorsam zu 
dienen, wie es jene conventionelle Symbolik in ihrer Weise thut.  Ein 
nicht geringes, obgleich minder entwickeltes Talent unter den Berlinern, 
das ich im Vorigen anzuführeu vergessen, L. Bendix, liebt auch diese 
Sorte von Tcndenzmalerei und hat zu der diesjährigen Ausstellung eben- 
falls eine Auspfändung geliefert. 
Hieran reiht sich ein Bild von G. Flüggen in München. das jedoch 
den tendenziösen Charakter zu einer höheren, poetisch-dramatischen Ent- 
wickelung zu steigern sucht. Es ist die Darstellung der Jesuiten als 
Erbschleicher, die Ihnen aus einem ausführlichen Berichte des Kunstblat- 
tes  schon bekannt sein wird. Dieser Bericht macht eine nähere Schil- 
derung meinerseits überflüssig. Doch bin ich leider genöthigt, die am 
Schlüsse desselben enthaltene Prophezeihung, dass das Bild auf der hie- 
sigen Ausstellung zuverlässig eine grosse Bewegung verursachen werde, 
als nicht eingetroffen zu bezeichnen. Man hat hier wohl das Geistreiche der 
Composition anerkannt, wäre indess durch eine andre Durchführung mehr 
befriedigt gewesen. Schon das wollte nicht ganz gefallen, dass, während 
Engen Sue in seinem ewigen Juden doch nur einen Pater Rodin ge- 
zeichnet und neben demselben zugleich sehr abweichende Ideale jesuiti- 
scher Meisterschaft aufgestellt hat, hier nebeneinander und nur durch 
geringe Modificationen verschieden, drei Rodins erscheinen. Dann ver- 
misste man die eigentliche malerische Durehbildnng, die man allenfalls 
in den Nebendingen gelten liess, während man in den Hauptsachen, in 
den Personen und zumal in der C-arnation, mehr das trockene Farbenma- 
terial als lebende Erscheinungen in Luft und Lieht vor sich sah. 
Ich erwähne dabei zugleich noch ein Paar andrer Bilder, die aus 
München zu uns gekommen sind und die ichnicht füglich übergehen 
darf: ein Sauber gemaltes Bild von Lotze, ein TyrolerHirtenmädchen 
mit ihrer Heerde; ein Bild von A. Adam, Pferde und getödtetes Wild 
vor einem Jagdschlosse, das, wie der Name des Künstlers nicht anders 
erwarten liess, in den Thieren vortrefflich, aber von etwas nüchterner 
Gesammtwirkung ist; und ein Paar Bilder aus dem italienischen Volks- 
leben von J. A. Klein, der uns indess in seinen bekannten Radirungen 
ungleich lieber ist, als in seinen, alles malerischen Tones entbehrenden 
Gemälden. 
Schliesslich habe ich Ihnen hier, für diese Uebersicht der deutschen 
Leistungen in figürlicher Darstellung, noch einige Gemälde zn nennen, 
die uns aus dem Auslands, aber ebenfalls von deutschen Künstlern, zuge- 
sandt Sind. Dahin gehören zunächst zwei merkwürdige Gemälde von in 
Rom lebenden Künstlerinnen. Das eine, "eine unbeklcidete weibliche 
Figur in Weinreben", wie der Katalog sagt, rührt von Frau Steinhäu- 
ser (ich glaube, der Frau des Bildhauers) herß Der leicht dekorirte 
1848.
	        
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