Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Erörterungen. 
Kritiken, 
Berichte, 
geführt und in gediegener malerischer Haltung zu einer acht künstlerischen 
Wirkung gesteigert.  Ebers. in Breslau wohnend, aber in Düsseldorf 
gebildet, gieht uns ebenfalls Bilder des Seelebens, die durch ihre gehal- 
tene Energie ihren Eindruck nicht verfehlen. Ein grösseres Bild stellt 
eine Emeute auf einer Brigg dar. Es ist eine Darstellung voll rüstigen, 
sprechenden Lebens, den treftlichsten Kapiteln in den Erzählungen eines 
Cooper vergleichbar. Fehlt es dem Bilde in Etwas an künstlerischer To- 
talität, so entschädigt es uns dafür doch durch die anschauliche Bestimmt- 
heit, mit der der Gegenstand vorgetragen ist, und durch die glückliche 
WVahl des Momentes, der, als Gipfelpunkt des bedrohlichen Ereignisses, 
zugleich das Vorher und Nachher klar überschauen lässt. Zwei andere 
Bilder, „hohe See" und „stille See," sind Gegenstücke. ln dem einen 
sehen wir den alten Schiffer mit seinem Sohn in der Barke, die Sturzwellen 
mit siehrer Kraft durchschneidend, in dem andern die Schiffer-in mit den 
spielenden Kindern am Ufer. 
Auch andere, bisher noch minder bekannte Talente, wie z. B. J. G_ 
Meyer und Fr. Richter, haben Ansprechendes im einfachen Genre ge- 
liefert. Eins von diesen "Talenten aber erhebt sich in dem einen seiner 
Bilder plötzlich wiederum zu einer ungewöhnlichen, glänzenden Höhe. 
Dies ist A. Tidemand, ein Norweger von Geburt. Das Bild, von dem 
ich sprechen will, heisst im Katalog: "die Zangiancr, norwegische Sek- 
tirer." Es hat ziemlich ansehnliche Dimensionen. Wir sehen das innere 
eines norwegischen Blockhauses vor uns, das statt Fensters nur eine 0911; 
nung im Dache hat, durch welche zugleich der Rauch des Heer-des abzieht, 
Eine Anzahl von Landleuten ist versammelt, Männer verschiedenen Alters 
Frauen und Kinder, sitzend und stehend; in ihrer Mitte steht einer auf 
einem Stuhle, ein Buch in der Hand, der, wie es scheint, das Amt des 
Predigers übernommen hat; seitwärts liegt ein Kranker im Bett, Andere 
treten im Hintergründe ein. Wir fühlen uns hier zunächst in durchaus 
abgeschlossene volksthümliche Verhältnisse versetzt. Die dargestellte Lo- 
kalität, die innere Einrichtung und Ausstattung des Raumes mit ihrem 
naiven Comfort spricht dies entschieden aus, noch mehr die Tracht, die 
Körperbildung, die Physiognomie dieser Personen. Wir sehen! es ihnen 
an , dass sie ihr Leben im Kampf mit einer eisernen Natur zubringen und 
sich selbst dadurch gestählt haben. Es sind Gestalten, wie die des grossen 
nordischen Meisters, der unsrer Erinnerung unvergesslich vorschweben 
wird, -ich meine Thorwaldsen. Hier aber vereint sie ein tiefes geistiges 
Bedürfniss; sie haben sich in gemeinsamer ernster Sammlung die Geheim- 
nisse des Daseins, soweit die Tragkraft ihrer Gedanken reicht, klar zu 
machen. Der Ernst ist all diesen Gesichtern aufgedrückt; seine schönste 
Läuterung aber findet er in dem Gesichte des jungen bäuerlichen Mannes, 
der den Stuhl bestiegen hat. Ein Anflug von Schwärmerei giebt diesem 
Kopfe das Gepräge einer höheren Erweckung; wir glauben an den Beruf, 
der ihm hier unter den Genossen zu Theil geworden. Die Composition 
des Bildes ordnet sich schlicht, in verständlichster Weise. Für die male- 
rische Gesammthaltung wirkt das von oben voll hereinfallende Licht, das 
sich zunächst dem emporziehenden Rauche mittheilt und durch ihn eine 
eigene silberne Färbung annimmt, in ungemein glücklicher Weise. Die 
Köpfe erscheinen in dieser Beleuchtung doppelt prägnant und ausdrucks- 
voll, das Ganze gewinnt dadurch ungesucht die entschiedenste WVirkung, 
Nur der Tiefe des Bildes fehlt es noch etwas an Luft; die hier, im Hell-
	        
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