Berliner
Briefe.
671
vcll des tiefsten, innigsten Gefühles, voll zarter, liebenswüdigstel- An-
muth. Es giebt nichts Rührenderes als diese schöne Leiche, nichts tvärmer
Gefühltes als diesen Ausdruck innersten Seelenschmerzes in dem Gesichte
des Gatten. Dabei ist alle Form aufs Feinste empfunden und durchgebi]-
det und von dem edelsten melodischen Rhythmus in Linien und zart ab-
gestuften Farbentönen erfüllt. Man erkennt hierin jene Richtung maleri-
scher Behandlungsweise, die Metz von Bendemann überkommen hat (und
dies ist es, worin ich jene mittelbare Verbindung mit den Eigenthümliclt-
keiten der Düsseldorfer Schule linde); aber der Künstler bewegt sich den-
noch in vollkommener Selbständigkeit, vollkommen frei nach seinen
individuellen künstlerischen Absichten, wobei zugleich, wie mich dünkt,
der ehemalige Bildhauer in seiner feineren Stylistik sich geltend macht.
Und doch kann ich mich nicht enthalten, auch dieser so gediegenen Ar-
beit gegenüber mcine Bedenken auszusprechen. Metz steht mit der zarten
Melodik in Formen und 'l'önen, die er hier darlegt, an einem Punkte, den
er ohne Gefahr nicht überschreiten darf; ja, ich glaube, er ist für die
wehrhafte Erfüllung seiner Aufgabe schon zu weit gegangen. Das Ge-
schlecht der Menschen, das er uns hier verführt, entspricht nicht ganz den
Zuständen, in denen es sich doch bewegen soll. Ich will von den zum
Theil sehr derben Zügen, die uns der altbiblische Bericht von jenem Pa-
triarchenthum giebt und die auch in der Geschichte des Jakob keinestvcgs
geltleäi, ggiz absehen; ich will nur auf diejenigen Beziehungen hindeuten.
ie cm ilde an sich zu Grunde ließen. Dies Alles, ohne Ausnahme
sind nicht Personen, die sich noch inbder schlichtestei: natürlichen Exi-
Slßm: bßtvßgell, die es gewohnt sind, die weiten Strecken der Erde in no-
Inatllläägftllhäügen lzu durchschweifen. Der Sturm der Wüste hätte auch
sie llJgeWe n.
ächelgogme nunmehr zu den Düsseldorfer-n Genremalern, bei denen,
111i. egl 5 Z gegen die dortigen tHistorrenmaler, im Allgemeinen- eine
gwsserß rßillß Kfaft vorherrscht. Voran steht, wie billig, der geniale Hu-
morist Schrodte r. Der Meister hat diesmal ein gross-es dekoratives
Werk eingesandt, eine Friesmalerei auf einer ansehnlichen Folge vergol-
deter Zinkplatten, Bauerntanz und Gelage darstcllend. Ein ornarnentisti-
sches Rankenwerk zieht sich über die Platten hin, in welches, der Auf-
gabe gemäss, die mannigfachsten Grurpen und Personen verflochten sind,
in Zuständen, Begegnissen und Bezieliungen, wie sie dem Künstler eben
seine stets sprudelnde Laune eingab. Wir geben uns der letzteren gern
ohne Rückhalt hin, doch können bei einer Arbeit, die nur auf leichten
raschen Vortrag und derbe Gesammtwirkung berechnet war, feinere, mehr
fesselnde künstlerische Elemente natürlich nicht zur Sprache kommen.
Dann ist von Jordan eine Anzahl Bilder ausgestellt, die uns in seiner
gewohnten tüchtigen Weise Scenen des Schifferlebens an der Nordseeküstc
bringen. Der rüstige Künstler, dem nichts ferner liegt als moderne Sen-
timentalität, wirkt stets erfreulich. Besonders anziehend waren mir dies-
mal ein paar kleinere Bilder. Das eine von diesen, „stumme Liebe," stellt
ein junges Paar vor, das in der Küche oder beim Kamin einander gegen-
über sitzt und vor lauter nachdrücklicher Verlegenheit das xlfNort zur ge-
gegengejtioell Erklärung ar nicht finden kann. Das andere, „ aterfreuden,"
führt unsbin die Wocheästube eines Schifferhauses. Bei beiden Bildern
ist, was ich ihnen nicht zum kleinsten Verdienst anrechnc, das gcmüthlich
Beschränkte der Wohnungen sammt all ihrem Zubehör vortreftllich durch-