Briefe.
Berliner
zu malen fortgefahren und die Bilder anderer Richtung waren statt der.
seinigen in den Vorgrund getreten. Da erweckte es plötzlich, vor ein Paar
Jahren, das höchste Aufsehen unter den hiesigen Kunstfreunden, als er
unerwartet in erneuter Jugend auftrat und seine Bilder, ohne seine eigen-
thümliche Richtung zu verlassen, doch zugleich um das Stichwort der
Zeit zu gebrauchen an allen "Errungenschaften" der neueren Behand-
lungsweise Theil nahmen. Es hat aber nicht angedaucrt; wenigstens be-
wegen sich seine diesmaligen Leistungen, kleinere Skizzen und ein grös-
seres Bild für das Jagdschloss zu Putbus auf der Insel Rügen, eine Sccne
aus der Einführung des Christenthums in Rügen darstellend, im Wesent-
lichen wieder auf der alten, etwas ausgetretenen Fouquäschen Bahn. Doch
zeigt eine Anzahl von Gartens, die der Katalog nicht mit anführt, Pilaster-
dekorationen mit Darstellungen aus den Nibelungen, die immer noch höchst
lebendige Rüstigkeit des Künstlers. An Kolbe sehliesse ich A. Eybel
an, der, wenn ich nicht irre, sein ehemaliger Schüler ist. Eybcl hatte
auf der vorigen Ausstellung grosse Erwartungen hervorgerufen, als er ganz
aus freiem Antriebe ein grosses historisches Bild, eine Scene der Schlacht
von Fehrbellin. gemalt hatte. Vielleicht hätte er, in dieser Richtung
fortfahrend, noch Bedeutenderes leisten können; vielleicht enthielt das
Bild, mit dem er diesmal aufgetreten ist, nur wenig, was seinem eigen-
thümlichen Streben zusagte. Genug, das Seitcnstück, das er zu dem grös-
sern Kolbclschen Bilde, ebenfalls für Putbus, geliefert hat, erscheint im
Ganzen ziemlich trocken und unlebendig. Nur einzelne Köpfe lassen es
erkennen, dass wir es dabei mit einem höheren Talente zu thun haben.
Hüllen Wil", dass ihm bald Gelegenheit gegeben werde, sich wieder in
seiner vollen Kraft zu bethätigen!
Der anerkannteste Meister unter den hiesigen Historienmalern ist
Bßäas- V0" 111m E1"? ES am wenigsten, was mich zu den eben gemach-
ten Bemerkungen veranlasste, das hartnäckige Festhalten an einer be-
stiinlntßll Rlßhtllng oder Theorie, Begas ist fortwährend strebsam, fort-
während- llaCll erneuter Entwickelung begierig, von dichterischen Anklän-
gen bewegt 11m1 Zugleich mit gespanntem Gefühle den malerischen Wir-
kungen lauschend. Aus seinen YVerken spricht ein Künstler zu uns, dessen
Inneres fein organisirt, mit eigenthümlicher Sensibilität versehen sein muss.
Ich hätte es wohl gewünscht, dass ihm zugleich von aussen her ein voller
Beruf, eine Bahn des künstlerischen Wirkens, die gerade ihn in bestimm-
ter Richtung festgehalten hätte, zu Theil geworden wäre. Ich habe seine
Leistungen stets mit lebhafter Theilnahme verfolgt und daher darf ich es
aussprechen: ich fürchte, er sucht zu viel; er sucht das Gelleimniss der
Kunst hüben und drüben und rechts und links, und sieht es nicht, dass
er den Arm nur dreist auszustrecken braucht, die volle Frucht vom Zweige
zu pflücken. Er würde die Stetigkeit (im höchsten Sinne des Worts) be-
sitzen, die ihm immer noch fehlt; er würde der Gefahr, das Feinste seiner
Kunst in conventionellen Stylgesetzen zu finden, ganz aus dem Wege
gehen, wenn er sich entschliessen könnte, die Natur in der freien Naivetät
ihrer Erscheinung zuerfassen. Das ist es vielleicht, was auch bei seinem
diesmaligen grossen Bilde, Adam und Eva, die den erschlagencn Abel
erblicken, keine recht freudige Anerkennung zu Tage kommen lassen
will. Das Bild ist mit grösster Sorgfalt durchgearbeitet, es hat allen
Schimmer eines malerischen Helldnnkels, die geistige Bedeutung des M0-
mentes die Erscheinung des ersten Todten vor dem Auge der ersten