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Berichte.
Kriti
ken,
Erörterungen
gesellt ist) und von den vier Evangelisten enthaltend. ln den vier Dreieck-
feldern zwischen diesen Bändern sind die beiden Sakramente der pro-
testantischen Kirche und zwei alttcstamcntliche Sccnen aus dem Kreise
derer, welche die mittelalterliche Symbolik als Vorbilder zu jenen auf-
fasst, enthalten. Dies sind schon ziemlich iigurenreiche Compositionen,
der Mehrzahl nach indess nicht eben sehr bedeutend und im Ganzen nicht
ohne eine gewisse Flauheit der Linienführung behandelt. Am charakteri-
stischsten an ihnen erscheint mir ein gewisses ekstatisches Element, das
hier und dort hervortritt und namentlich in der Darstellung des Abend-
mahls zu einer allerdings grossartigcn und effektvoll bewegten Composi-
tiongeführt hat. Indess will die Gewaltsamkeit, mit der das Mysterium
uns hier dargelegt wird Christus, hocherhoben hinter dem Tische stehend
und Brod und Wein mit ausgebreiteten Händen emporhaltend, während
die Jünger von schauernder Begeisterung erfüllt sind unsrer heutigen
Schriftauffassung etwas fremd bedünken und dürfte namentlich dem Wesen
der protestantischen Lehre nicht ganz entsprechen. Die sämmtlichen bis-
her genannten Darstellungen werden von einem Ringe umfasst, in welchem
ornamentistische, durch Trauben und Achren bezeichnete Felder mit zwölf
andern abwechseln, die die einzelnen Gestalten der zwölf Apostel ent-
halten. (Die letzteren bestehen in dem Schilde selbst in geschnittenen
Onyxen.) Das Ganze endlich wird von einem breiten Rundfries umschlossen,
der rücksichtlich der künstlerischen Ausführung die gedicgenste, die eigent-
lich bedeutende Composition des Werkes enthält. Es ist eine geistreiche
und sich vortrefflich entwickelnde Folge von Scenen, welche die Bcsie-
gelung des Christenthums, die Gründung der Kirche und das besondere
Ereigniss, dessen Erinnerung der Schild gewidmet ist, zum Inhalt haben.
S0 sehen wir zunächst den Einzug Christi im festlichen volkreichcn Zuge;
Engel tragen ihm die Passionsinstrumente vor, dem jubelnden Volke ent-
gegen; Jerusalem, als allegorische Gestalt, sitzt in gedankenvoller Trauer
am Thore der Stadt. Dann folgt der Verrath des Judas; unmittelbar dar-
auf die Grablegung, die Auferstehung Christi, das Pfingstfest, die Taufe
der Wilker. Ein anglikanischer Bischof wendet sich von hier zur Taufe
nach dem Gemach der Königin Victoria. Wir sehen das innere desselben
(die Personen. wie auch im Folgenden, nach antiker Art idealisirt). Wel-
lington und Prinz Albert sitzen harrend am Ufer; vor ihnen steht der
heil. Georg, der Schutzpatron Englands, die Hand grüssend dem Preusscn-
könige entgegengestreckt, der zu Schiffe naht. iEin Engel führt das Steuer
des Schiffes; Flussgötter sind an der diesseitigen und jenscitigen Küste
bemerklich. Die Scenen, zunächst die der biblischen Geschichte, sind
hier mit ungemein glücklichem, ächt künstlerischem Sinne behandelt; es
ist eine edle Grazie, eine Milde und Würde darin, die wir in der That
nur in Coruelius reinsten Arbeiten wiederfinden. Die Gruppenauorduung,
die bei der Friescomposition freilich einfach war, doch darin auch
wieder eigenthümliche Schwierigkeit haben mochte, ist überall klar und
harmonisch, die Gestaltung im Einzelnen voll schönen Lebensgefühles, in
der Gewandung nur noch wenig von dem lässigen Wesen, das sich Cor-
nelius bei seinen späteren Arbeiten in München nicht allzu übel genom-
men hatte, und im Ausdruck (wie es z. B. in der Scene des Judas der
Fall ist, nur wenig Forcirtes und Ucbertriebenes. Sehr eigenthümlich
machen sich die Schlussscenen des Frieses. St. Georg steht als prächtiger
jugendlicher Held auf dein Ungcthüm da, dem er den Tod gegeben hat,