Illustrations of
modern
sculpture.
von der englischen erhalten wir eine Ansicht, die allerdings, in Verglei-
chung mit den Proben andrer Meister, daraus ganz gut festzustellen sein
dürfte.
Die Engländer aber sind nicht die Vorkämpfer unter den Künstlern
unsrer Zeit. Es ist der einzige Flaxman, und wieder nur Flaxman, zu
dem man unter den englischen Bildhauern gern zurückkehrt, der einen Geist
voll tiefer, unerschöpflicher Phantasie hat, der seinen Gestalten das Gepräge
eines eigenthümlich edlen. sittlichen Charakters mitzutheilen weisst Wie
keiner seiner Landsleute; leider nur fehlt es ihm, was als das zweite im
künstlerischen Schaffen nothwendig hinzukommen muss, an jener steten
Hingebung und Treue, die nicht eher rastet, als bis der Gedanke die Form
gänzlich durchdrungen hat und eins mit ihr geworden ist: seine nur skiz-
zirten Umrisszeichnungen zu den griechischen und italienischen Dichter-
fürsten bleiben das Grösste, was er geschaffen. Nicht ohne Bedeutung
indess ist seine im dritten der vorliegenden Hefte enthaltene Gruppe, Michael
und Satan; obschon sie einigermaassen an Raphael erinnert und auch nicht
llinreißht. die eben ausgesprochene Ansicht aufzuheben. Manche der
andern englischen Künstler übertreiien ihn vielleicht in der Form; aber sie
sind im besseren Falle kalt und inhaltlos, im schlimmeren manierirt und
ailektirt.
Als der hohe, freilich sehr unerreichte Meister der letzteren erscheint hier
der sinnlich weichliche Canova mit seinen Statuen der Tänzerin und der
Venus (die beide bekanntlich in verschiedenen Exemplaren vorhanden sind).
Aber ich weiss nicht, ob die so viel und hoch gepriesene „Morbidezza"
dieses Meisters wirklich als ein Gegenstand ächter Kunst zu betrachten ist.
Dinge, die in den Prunkgemächern. der Reichen stehen, sind nicht für
öffentliche Betrachtung und Beurtheilung da.
Erst in solcher Zusammenstellung empfindet man das I-Iochwürdige,
welches den Werken Thorwaldsems innewohnt: rein und heilig, voll
göttlicher Stille, schreitet seine "Hebe" durch all jene verlockenden oder
wesenlosen Gestalten.
Die Ausstattung des Werkes ist, wie gesagt, höchst prachtvoll; der
Kupferstich ist in zartester Punktirmanier, von den ersten Meistern dieses
Faches, Finden, Cook, Dyer, Thomson, Fry, Tomkins, ausgeführt. Doch,
dünkt mich, ist eine solche Manier, so sehr sie das Auge bestechen mag,
nicht für den Ernst der plastischen Kunst geeignet; sie giebt den Formen
etwas Unbestimmtes, Wolliges, was sich wenigstens bei der Darstellung
'l'horwaldsen'scher Werke nicht ziemt; für Canova freilich passt sie
besser.
Ueberhaupt macht das ganze Werk, in der Art, wie es uns vorliegt,
auf den ernsteren Sinn keinen angenehmen Eindruck; es ist lediglich dahin
gearbeitet, den pretiösen Anforderungen des Luxus des Wurmes, an
welchem die englische Kunst krankt zu genügen. Die Merkurstlügel am
Kopfe des kleinen Genius, der auf der "Pitelvignette das Haupt der Pallas
Athene abzuzeichnen scheint, sind charakteristisch für den Zweck des
llcrtuisgcbers.
Wir können, wenn wir das Treiben fremder Nationen betrachten, manch
eine gute Nutzanwendung daraus für uns ziehen, u. A. auch für unsre Kunst