Bari
ehte,
Kritiken,
Erörterungen
ich habe zum Schluss dieser Uebersicht noch ein Paar Bemerkungen
hinzuzufügen. Der Dilettantismus, der in unsern künstlerischen Unter-
nehmungen neuerlich eine namhafte Rolle gespielt hat, hat sich seiner
Natur gemäss auch in der Liebhaberei für allerlei Neues in der Technik,
in allerlei Versuchen und Spielen mit den änsseren Darstellungsmitteln
kund gegeben. Aber eben wcil es der Dilettantismus war, so sind auch
diese, an sich gewiss sehr schätzbaren Elemente, so eifrig man sie im
Anfang Jedesmal anfasste, nicht mit nachhaltigem Ernste festgehalten und
Worte ins Ohr flüstert, die mit ihren Kindern sich an der Wiese niedergelassen
hat und seinem Murmeln lauscht. Die Kinder winden Kränze und plätschern
in dem Wasser. Die Darstellung dieser Gruppen verschmilzt Ideal und Wirk-
llclikeit auf sinnige, ächt künstlerische Weise. Wie in den Werken der Antike
(aber nicht etwa als gelehrte Nachahmung derselben) ist hier, z. B. im Kostüm,
von den Besonderheiten eines vorübergehenden Cuiturzustandes abgesehen, und
statt dessen nur das allgemein Menschliche, das allgemein Gültige und Verständ-
liche aufgenommen, dies jedoch mit vollster Lebendigkeit dnrchgebildet. Es ist
eine Heiterkeit, eine blühende Anmuth und dabei zugleich eine Frische und
Naivetät in diesen Gestalten, dass wir uns davon mit eigenthiimlichem Zauber
gefesselt fühlen. So einfach die Gegenstände der Darstellung sind, so geben sie
in dieser Behandlung doch das Höchste, was von der Kunst verlangt werden
kann: das Leben in seiner" edelsten Entwickelung. Die schlichte Aufgabe ist
hier mit vollkommener künstlerischer Kraft gelöst.
Wir müssen indess noch einen näheren Blick auf die Art und Weise der
künstlerischen Behandlung werfen. So einfach die Aufgabe auch war, so ga];
es doch, ganz eigenthiimliche Schwierigkeiten zu überwinden. Es kam nicht
bloss darauf an, die einzelne Gestalt, die einzelne Gruppe für sich mit Leben
und Anmuth auszuführen, sondern zugleich auch alle diejenigen Rücksichten in
beobachten, die aus der Stellung und Form des Reliefs und aus der beabsich-
tigten Gesammtwirkung des Denkmals sich ergaben. Die Gestalten mussten
kräftig, zum guten Theil im Hautrelief, aus der Fläche hervortreten. Die letz-
tere musste überall gleichmässig ausgefüllt werden und jede Gruppe mit der
folgenden in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dennoch musste die Ansicht
des Reliefs, von dein man bei der Cylinderform der Fläche immer nur einen
geringen Theil sehen konnte, für jeden beliebigen Standpunkt ein abgeschlosse-
nes Bild geben; und hiebei war besonders darauf zu achten, dass die perspek-
tivisch zuriickweichendeu Gestalten sich überall der Ansicht harmonisch an-
schlossen. Dies gab eine grosse Menge verwickelter Forderungen, denen nni-
durch die ausdauerndste Umsicht genügt werden konnte, etwa dem schwierig-
sten Contrapunkt in der musikalischen Composition vergleichbar, wo von dem
Oomponisten innerhalb streng vorgezeichneter Gesetze doch der freie Erguss der
Empfindung verlangt wird. Dass der Bildhauer all jenen, in der Natur seiner
Aufgabe liegenden Bedingungen genügt und sich für die freie, durchaus unhehin-
derte Durchbildung jeder einzelnen Gestalt die volle Frische des Geistes bewahrt
hat, dies macht keinen der kleinsten Vorzüge seiner Arbeit aus.
In der That sehen wir hier ein Meisterwerk der Bildhauerei vor uns. das
unbedenklich zu den vollendetsten gehört, die unsre Zeit hervorgebracht hat und
dessen wir uns demnach mit gerechtem Stolze erfreuen dürfen, Durch diese
hohe Vollendung aber gewinnt das Denkmal überhaupt erst seinen Werth: wir
bringen dem Andenken des verewigten Monarchen eine Gabe dar, die nicht
allein durch den frommen Willen der Stiftung, sondern die zugleich auch da-
durch ihre Bedeutung hat, dass sie ein Beispiel des Schönsten und Gediegensten
ist, was wir darzubringen vermögen, dass sie mit dem Aufwaude der vollsten
geistigen und künstlerischen Kraft, deren unsre Zeit fähig war, ihre Gestalt, ihr
Dasein empfangen hat."
(Früherer Artikel des Verfassers.)