Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Kritikern, 
läerichte, 
Erörterungen. 
dcrs macht es sich übel, dass die Mitte des breitgedehnten Ganzen, wo 
früher der Eingang und, wenn mir recht ist, auch ein Balkon befindlich 
war, jetzt gar keine Auszeichnung hat, während sich nunmehr Portale an 
beiden Endseiten befinden. Die Portale an sich aber gefallen mir ganz wohl, 
besonders wegen einer gewissen kecken Naivctät, die bei ihrer Composi- 
tion beobachtet ist. Sie sind ncmlich, bei vortrefflicher Protilirung und 
Ornamentitutig, im Halbkreise überwölbt und durch eine ebenso edle recht- 
winklige Architektur umfasst; zu den Seiten aber treten starke Pilaster 
vor und auf diesen, in der Höhe des Bogenansatzes der Thür, stehen 
lebensgrosse Statuen, welche die verschiedenen vorzüglichst charakteristi- 
schen Truppengattungen unsrer Armee darstellen. Diese Statuen sind derb 
und kräftig gehalten, wie über die lebende Natur abgeformt, und doch 
stimmen sie sehr wohl zu dem architektonischen Princip und selbst zu 
den classisch feinen Formen, die hier angewandt sind. Man sei vor allen 
Dingen nur wahr und lebendig in der Kunst: das Stylgesetz liegt davon 
gar nicht so weit ab, wie manche Theoretiker und thcoretisirende Künst- 
ler meinen.  Das Obergeschoss des Gebäudes, mit einer kräftigen Pila_ 
sterstellung versehen, wird von den Untergeschossen durch einen reichen 
Ornameutfries in ziemlich wirksamem Relief getrennt. Der Fries über 
den Pilastern hat eine andre Decoration erhalten, ornamentistischen Waf. 
fenschmuck, der al sgraflitto gezeichnet und im Verhältniss zu dem untern 
Friese nur nicht wirksam genug ist. Der Versuch in dieser Technik  
Sie wissen, es wird dabei in die über einen dunkeln Grund gezogene 
helle Farbenschicht mit einem scharfen Stift gezeichnet  gehört zu den 
verschiedenartigen technischen Kunstversuchen, die in den letzten Jahren 
hier gemacht oder begünstigt worden sind, ohne bis jetzt doch zu rech- 
ten Resultaten zu führen. Ich hoffe, darauf hernach noch einmal zurück- 
zukommen. 
Von selbständigen, neuen architektonischen Kunstbauten aus den letz- 
ten Jahren weiss ich lhnen nicht sonderlich viel zu melden. Das Projee; 
zu unsrem neuen Reichsdome lautet auf eine mächtige fünfschifiige Basi- 
lika mit grossen Gallerieen im Innern, mit zwei colossalen viereckigen 
Thürmen und einem nach Art der Klosterhöfe eingerichteten Campo santo, 
als Begräbnissstätte der Glieder des Königshauses, zur Seite. Die Funda- 
mente haben sich, während freilich der alte Dom noch steht, schon bis in 
die Mitte unsres geduldigen Sprceflusses vorgeschoben, da man es für 
nöthig gehalten hat, durch dessen Einengung den erforderlichen Platz zu 
gewinnen. Aus den bis jetzt getroffenen Maassnahmen lässt sich für einen 
Laien, wie Ihren diesmal dienstwilligen Correspondenten, noch keine 
rechte Einsicht in das Project gewinnen. Einstweilen wird wieder ziem- 
lich lebhaft daran gearbeitet, wohl um die brodlosen Arbeiter zu be- 
schäftigen.    
 Ein Paar andre Kirchen, von kleiner Dimension und einfacher Anlage, 
sind in den letzten Jahren wirklich ausgeführt und vollendet worden. 
Die eine ist die Jakobskirche, auf dem sogenannten Köpniker Felde, das 
sich neuerlich schnell mit breiten Strassen und hohen Wohnhäusern anzu- 
füllen begonnen hat. Die Kirche ist eine durchaus anspruchlose Basilika und 
im Innern durch einfachen Ernst der Verhältnisse und Formen wirksam. 
Im Aeussern trägt sie den etwas absichtlichen Charakter von italienischen 
Gebäuden dieser Gattung und tritt uns wieder, bei aller Schlichtheit der 
Ausführung, mit einiger Schönrednerei entgegen, unsern heutigen Cultnr-
	        
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