Berliner Briefe.
633
sind gleichfalls reich mit Stuccaturen, Gold und Malerei Versehen, [m
Styl dieser neuen Arbeiten hat man, wie es scheint, den prächtigen 13a-
rockstyl der Zeit Friedrichs I. zum Vorbilde genommen; aber dergleichen
scheint mir allewege ein missliches Unternehmen und hat auch hier keine
allzu erfreulichen Früchte getragen. Es ist im Ganzen der Anordnung
allerdings mehr künstlerischer Geschmack vorhanden als in der innern
Decoration des Opernhauses; es ist aber doch dieser künstlerische Schmuck
nicht aus der wahren innerlichen Ueberzeugung von irgend einem unbe-
dingten Werthe seiner Formen hervorgegangen. Es ist durchaus etwas
Angelerntes darin, wobei sich überdies die ursprüngliche, an sich viel
reinere und edlere Bildung durchaus nicht verläugnet. Halbverstandenes
barockes Schnörkelwesen geht mit griechischer Ornamentik im Schinke1-
sehen Style friedlich Hand in Hand. Dazu kommt, dass die thcilweise
angewandte Vergoldung und Färbung auch ihrerseits nur einen disharmo-
nisch bunten Etfect macht und dass die zur Ausführung des Einzelnen
herangezogenen künstlerischen Kräfte sehr verschiedenen Werth haben.
Neben flau gehaltenen Deckensculpturen, bei denen auch wohl die Absicht
zu Grunde lag, den Styl der Barockzeit aufzunehmen, erscheinen andere
an den untern Bogenzwickeln, die verschiedenen Kulturbezichungen,
wenn ich mich recht entsinne, personificirend in denen sich die von
mir schon oben gerühmte und noch immer nicht wesentlich erschütterte
allgemeine Tüchtigkeit unsrer Bildhauerschule erkennen lässt, während
in den Barocknischen der Voute imposante weibliche Gestalten, die Pro-
vinzen des preussischen Staates darstellend. angebracht sind. Diese sind
von Drake mit derber rascher Meisterhand gefertigt; aber leider ist Stel-
lung und Umgebung so, dass auch sie nicht recht zur Wirkung kommen.
Da? Schlimfnstß ist, dass man angefangen hat, in den Feldern der Voute
zäzslfhggstfllilesin Statuen und ihren Nischen tigirrenreiche bunte Kalkma1e-
x [1
hauses, durch diiualltäslileqstgthydnugdfdllldr däärglgblignngaleielen de? Opern-
ganzlich vertilgt wer-
den. Vielleicht hat der allzu unerfreuliche Erfolg die Sistirung dieser
Malereien veranlasst; ich lebe der stillen Hoffnung. dass eines schönen
Tages auch die schon fertigen Stücke wieder verschwunden sein werden.
Dem Schloss gegenüber liegt das Museum mit seiner grossartig schö-
nen ionischen Säulenhalle. Auch hier ist im Lauf der letzten Jahre das
Unfertige zu Ende geführt und abgethan worden, ich meine die Ausfüh-
rung der von Schinkel entworfenen Malereien auf den Wänden der Halle.
deren leere Fläche uns lange Jahre hindurch allzu schmerzlich berührt
hatte. Sie kennen die Schinkebschen Entwürfe; ich habe nicht nöthig,
lhncn den Inhalt dieser Compositionen wieder in das Gedächtniss zurück-
znrufen; ich erinnere Sie nur an die schöne festliche Stunde, als wir im
Zimmer des Meisters selbst die Gouachebilder gemeinschaftlich betrachte-
ten und uns an der Fülle seiner Ideen, an dem quellenden Reichthum
seiner Gestalten, an der griechischen Reinheit ihrer Formen, an dem har-
monischen Farbenzauber, der das Ganze umting, nicht satt sehen konnten.
Wie schwärmten wir für den Gedanken, sie dereinst, was doch kaum zu
hoffen war, an dem Ort ihrer Bestimmung im grossen Maassstabe al fresco
ausgeführt zu sehen! Das kaum Gehoifte hat sich nun erfüllt und wir
gehen kühl und ohne sondcrliche Erbauung vorüber. Worin liegt das?
Ich meine, es sind zweierlei Gründe. Einmal fehlt eben der Ausfüh-
rnng, wenn nicht durchweg, so doch in sehr übcrwiegendem Maasso jener