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ritikexl,
Im Aeussern ist das Opernhaus, bis auf eine geringe Veränderung in
der räumlichen Disposition und die Erneuung eines Theiles der Sculpturen,
in seiner alten Form geblieben. Die auf den Giebeln und den übrigen
Vorsprüngen angebrachten Sandsteinstatuen, Apoll, Musen und ähnliche
Gottheiten vorstellend, zeigen die erfreuliche Tüchtigkeit, die unsrer Bild-
hauerschule im Allgemeinen eigen ist. Es zeigt sich hier eben Schule.
die wir im Innern fast durchweg vermissen. Vorzüglich bedeutend aber
ist das Relief des Portikusgiebels, das von Rietschel in Dresden gefer-
tigt ist. Sie kennen diese schöne, wahrhaft künstlerische Composition aus
dem Umriss, den das Kunstblatt schon vor einiger Zeit gebracht hat 1),
Man hat nur leider an Ort und Stelle keinen sonderlichen Genuss davon.
Der Portikus springt auf das Trottoir vor, auf dem stete Bewegung ist,
und ebenso ist der Platz unaufhörlich mit Wagen. Reitern und eilenden
Fussgängern erfüllt. Es ist überflüssig, edle Kunstwerke in so drängen-
den Verkehr hinauszurücken; sie verlangen eine Umgebung, die Musse
und Sammlung gewährt. Ich wollte mir das Relief (dessen linke Seite
mir bei allen Vorzügen doch etwas unruhig in der Composition vorgekom-
inen war) zum Behuf meines heutigen Schreibens noch einmal gründlich
ansehen; heutiges Tages aber ist dergleichen hier doppelt schwer ausführ-
bar. Unsre guten Mitbürger sind von Eifersucht für unsre junge Freiheit
und von Verdacht gegen reaktionäre Gespenster so erfüllt, dass Alles,
was nicht dem gewöhnlichsten Gange der Dinge angehört, sofort Aufsehen
erregt. Einige unschuldige Brückenstützen, eine Gerüststange hatten schon
die ganze Stadt in Gährung versetzt. Ich hatte das Relief vom Platze aus
noch keine Minute mit bewatfnetein Auge angesehen, als sich schon dichtes
Volk um mich schaarte, nach dem bedrohlichen Grunde meiner Aufmerk-
samkeit zu forschen. Ich suchte die Leute zu beschwichtigen und eilte fort.
Die schlimme Gcrüststange, von der ich eben sprach, befindet oder
befand sich auf der Ituppel, die kürzlich über dem Triumphbogen-Portal
des Schlosses, an der Schlossfreiheit, in die Lüfte emporgestiegen ist,
Ueber das Künstlerische dieses Baues lässt sich für jetzt noch nichts sagen;
jedenfalls trägt die Kuppel schon jetzt wesentlich dazu bei, das wenige
Charakteristische in der Physiognomie Berlins angemessen und würdig zu
verstärken. Sie wölbt sich über der künftigen Kapelle des Schlosses. Dass
man die Kapelle so hoch, über das Dach, gelegt hat, darf nicht befrem-
den, da das Festlokal des Schlosses, mit dem sie in Zusammenhang stehen
wird, sich schon in den oberen Geschossen befindet und es, soviel ich
weiss, zur Herstellung dieses Zusammenhanges nur einer einfachen statt-
lichen Verbindungstrcppe bedürfen wird. Der Hauptraunt dieses Lokales,
der sogenannte weisse Saal, ist vor einigen Jahren, etwa gleichzeitig
mit der Erneuerung des Opernhauses, mit bedeutendem kilnstlerischeu
Aufwande in den seiner Bestimmung entsprechenden Stand gesezt worden.
Er war bei den Praßblllßllten König Friedrichs I. unvollendet geblieben
und dessen Nachfolger Friedrich Wilhelm I., sparsamen Andenkens, hatte
ihn einfach mit WEiSSMII Kalk ausstreichen lassen; daher der Name. Erst
König Friedrich Wilhelm IV. fasste den Gedanken, das vor beinahe an-
derthalb Jahrhunderten angefangene Werk zu Ende zu führen. Reichge-
schmückte Arkaden mit frei vertretenden Marmorsäulen öffnen sicht jetzt
zu beiden Seiten des Saales; die grosse Voute und die Fläche der Decke
Bei
Kunstblattes
des
vom Jahr'
1846.