Ueber
die
akademische:
Kü nstler-Vereine.
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lich haben. Die Antwort ist, wenn wir die bisherigen Verhältnisse
trachten, nicht ganz leicht; auch die Einsicht in die Statuten der verschic-
denen Anstalten giebt uns nicht viel befriedigende Aufschlüsse. In den
meisten Statuten bleibt, wenn wir die einhüllenden Formeln abschälen,
als eigentlicher Kern nur die Bestimmung, dass die Mitglieder wiederum
Mitglieder zu machen haben. Ich glaube. ich darf mir meine Bemerkung
hierüber sparen. Oder sie sollen nützliche Dinge über die Kunst spre-
chen, Vorschläge desshalb machen, auch (wenn es der Behörde beliebt)
über dergleichen vernommen werden, Befugnisse, wozu es doch keiner
ausschliesslich akademischen Stellung bedarf. Oder sie sollen ein Kunst-
gesetzbuch, ein allgemeines Wörterbuch über die Kunst, aufstellen, wie
mit einem solchen die französische Akademie schon seit länger als einem
Vierteljahrhundert beschäftigt ist, ohne dass bis jetzt jedoch eine Zeile
davon im Druck erschienen wäre; aber erscheint das Buch auch, wer
zwingt die Welt, nach dessen Gesetzen zu leben? Oder sie sollen ein
Jahrgehalt empfangen. Diese Bestimmung wird jedenfalls sehr annehmlich
sein, und ich gönne zumal den alten verdienten Künstlern von ganzem
Herzen ein Dasein, das sie der zuweilen doch sehr drückenden Sorgen
überhebt; aber wozu für eine Künstler-Peusionsanstalt dieser akademische
Nimbus? Oder sie sollen bei künstlerischen Concurrenzen ihr entschei-
dendes Votum abgehen. Dies Letztere ist die einzig positive Bestimmung,
die ich in Betreff der Wirksamkeit der akademischen Mitglieder, so viel
mir erinnerlich, in den Statuten der Akademicen gefunden habe. Aber die
Sache scheint mir doch auch zu einfach, als dass es dazu eines besonders
glanzvollen akademischen Apparates bedurfte.
Meines Bedünkens verhält sich die Sache so. Es war in der schö-
nen Zeit des italienischen Lebens, da Wissenschaften und Künste auf's
Neue emporblühten, da die Geister des classischen Alterthums nach langer
Entfremdung die YYelt wieder besuchten, und die Gleichgestimmten und
(lleichstrebenden sich zum Austausch ihrer Gedanken und Erfahrungen,
zur gegenseitigen Anregung und Förderung gesellig vereinten. Mit altehr-
würdigem Namen benannte man diese gesellschaftlichen Zusammenkünfte
als Akademieen. Die Mächtigen und Herrschenden waren stolz darauf,
solche Kreise in ihre Nähe zu ziehen; fehlte ihnen selbst der Sinn dafür,
so gebot ihnen dennoch die milde italienische Sitte, dem allgemeinen Bei-
spiel zu folgen. Es gehörte allmälig zum guten Ton, Akademieen im Ge-
folge der Fürstenhöfe zu sehen, auch ausserhalb Italiens; sie wurden bald
ein wichtiges.Pertinenzstück des fürstlichen Luxus. Es kam die Zeit, wo
die Staaten in die Personen der Fürsten aulgingen: es konnte dabei nicht
fehlen, dass die Akademieen den kostbaren Kleinoden zugezählt wnrdcn.
welche den Saum des grossen Staatskleides zu schmücken bestimmt waren.
Sie waren zuletzt, ob auch die Zeiten sich wiederum verwandelt hatten.
feststehende Artikel des Staats-, selbst des National-Luxus geworden; man
schien förmlich übereingekommen, dass die Völker eine solche ostensible
Repräsentation der in ihrem Innern verborgenen geistigen Kräfte nöthig
hätten. Aber man darf endlich doch einmal inne halten _nnd fragen, ob
dieser Luxus, diese Repräsentation in der Natur der volksthümlichen Be-
dürfnisse liegt? oder wie sich diese Bedürfnisse je nach dem verschieden-
artigen Volkscharakter verschieden gestalten? Die Franzosen. glaube ich,
haben viel zu viel volksthümliche Plitelkeit, um von Instituten lassen zu
Kuglur, Kleine Schriften. lll. 40