Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Erörterungen 
Kritiken, 
Befichte, 
S0 kann man sagen, dass seine Thätigkeit, soviel davon in die Oeffent- 
lichkeit gelangt, bis jetzt fast aussehliesslich der Bücher-lllustration, der 
Anfertigung von Zeichnungen zum Holzschnitt für diesen Zweck, zuge- 
wandt gewesen ist. In diesem Kreise aber hat er die allerfruchtbarste 
Thätigkelt entwickelt; er ist derjenige, welcher dieser Gattung des 
künstlerischen Berufes das am meisten charakteristische, am entschie- 
densten volksthtimliche Gepräge aufgedrückt hat. Er ist für Deutschland 
der eigentliche Repräsentant des künstlerischen Bücherschmuckes, sofern 
mit demselben überhaupt eine volksthümliche Wirkung erreicht werden 
soll. Andre haben vielleicht mehr Gewicht des grossen Stylcs, mehr Glas- 
sicität in der Behandlung der Formen, mehr Strenge und Scharfblick für 
die Wiedergabe des historisch-Indiriduellen; oder sie mögen sich, wenn 
auch nicht eben in demselben Fache, einer ähnlich reichen Productivität 
erfreuen. Keiner dagegen findet so, wie Richter, sein eigentliches Lebens- 
element in der Naivetät volksthümlicher Auffassung, bleibt sich hierin 
unter allen Umständen so gleich, weiss von hier aus die verschiedenartig- 
sten Aufgaben mit derselben stetigen Frische und Unbefangenheit zu be- 
wältigen. Seine harmlose Gemüthlichkeit giebt den sehliehtesten Zuständen 
des gewöhnlichen Lebens, wenn er uns dergleichen vorzuführen hat, stets 
einen eignen Reiz; sein schalkhafter Humor weiss das Komische am flüch- 
tigsten Zipfel zu fassen und dasselbe ebenso wirksam mit leisen Andeu- 
tungen zu bezeichnen, wie im verwegenen Uebermuth bis zur grotesken 
Tollheit aufzustacheln; sein feines Gefühl hält die lieblichsten idyllischen 
Züge fest und öffnet uns leise den Zaubergarten, aus dem die ganze 
Blüthenpracht der Romantik uns entgegenleuchtet; sein edler Sinn vermag 
es, unser Herz in seinen verborgensten Kammern zu rühren und wiederum 
die Erregung unsres Gemüthes mit beruhigenden Feierklängen zu vergöh- 
nen. Und wie sich in alledem die Naivetät der Auffassung gleich bleibt, 
so auch die Angemessenheit, mit der uns seine Darstellung zwischen den 
gedruckten Lettern des Buches entgegenthtt. Er weiss es, dass er kein 
für sich bestehendes Bild zu geben hat, das in irgend welcher, für maleri- 
sche Zwecke berechneten Composition, in irgend welchen Schatten- oder 
Lichteifekten uns von der Totalwirkung des gedruckten Buches abziige, 
Er hat überall diejenige wohl empfundene Stylistik, die sich dieser Buch- 
wirkung aufs Beste anschliesst: schlichte Composition , mässige Schatten- 
angabe und besonders gern jene strenger geschlossenen, arabeskenhaften 
Ausgänge, die dem Bilde einen halb dekorativen Charakter geben und 
wesentlichst zur harmonischen Einfügung desselben in die schematischen 
Drucklettern beitragen. Wenn ich nicht sehr irre, gehört sogar diese 
Stylistik in solchem Grade zu seinem eigenthümlichen künstlerischen 
Wesen, dass sie ein Hauptgrund sein dürfte, wesshalb bis jetzt nur so 
wenig selbständige Bilder von ihm der Oeffentliehkeit vorgeführt sind. 
Leider weiss ich von Richter nichts weiter, als was sich eben aus 
seinen Publikationen ergiebt. Sein Bildungsgang, die Art und Weise sei- 
ner etwaigen früheren Leistungen ist mir unbekannt. Doch halte ich mich 
(so misslich es sonst sein mag, Mitlebenden dies und jenes aus blosscr 
Vermuthung auf den Kopf zuzusagen) für berechtigt, hier in Bezug auf ihn 
eine Conjectur zu machen. Mir scheint nämlich, dass die Holzschnitte in 
der Ausgabe der deutschen Volksbücher, welche seit zehn Jahren in reich- 
lichster Folge bei Otto Wigand in Leipzig erschienen sind, zum grossen 
Pheil, und namentlich die der früheren Jahre, nach Richteüsehen Zeich-
	        
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