Richter-
Album.
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haben mit allerlei kleinen Zeichnungen auf Holz zu unterstützen, die
sodann bei Gubitz geschnitten wurden. Wir durften voraussetzen, etwas
ganz Artiges und in seiner Weise Eigenthümliches geliefert zu haben, und
naehsichtige Recenscnten machten uns die Freude, dies anzuerkennen,
Wie aber hat sich der Charakter der deutschen Bücheransstattung in die-
scu wenigen Jahren verändert! Welch eine Fülle von Werken, die theils
in einfach volksthümliclter, theils in künstlerisch durchgebildeter, selbst
prachtvollster- Weise mit Holzschnitten überreich ausgestattet sind, ist
seitdem ans Licht getreten! Eine Masse von Volksbüchern, und zwar in
zwei verschiedenen Ausgaben, das Nibelungenlied in drei verschiedenen
Ausgaben, Luthers Lieder in zwei verschiedenen Ausgaben, volksthümlißhß
Erzählungen, Mährchen wie die von Musäus, Volks-, Soldaten-
und Studentenlieder, stattliche ABC- und andre Kinderbücher, die Bibel,
umfassende historische Werke, allerlei Kalender, selbst mehrere Wochen-
blättcr, die fort und fort eine Menge von bildlichen Darstellungen bringen,
breiten ihren reichen Inhalt vor uns aus. Unser schlichtes Liederbuch,
mit dem wir einen Anfang zu solcher Weise der Ausstattung machten.
tritt aus diesem bunten Reigen bescheiden zurück. Eine eigenthümliche
und in mannigfacher Art sehr beaehtenswerthe Kunst der Bücher-illustra-
tion hat sich bei diesen Anlässen ausgebildet. Der deutsche Holzschnitt,
in verschiedenen Schulen verschiedenartig behandelt, hat sich bei so
reichlich strömenden Bestellungen auf eine Weise entwickelt, dass er kei-
nen Vergleich zu scheuen braucht.
Es würde eine sehr dankenswerthe Aufgabe sein, diesen ganzen Ab-
schnitt unsrer heutigen künstlerischen Thätigkeit in all seinen Besonder-
heiten und Wechselbezügen näher zu beleuchten, zumal wenn man dabei
gleichzeitig auch dasjenige ins Auge fasste, was für dieselben Zwecke von
Engländern, Franzosen, Belgiern geleistet ist. Wer einmal die Geschichte
der Kunst unsrer Tage schreiben will, wird diesen Abschnitt, der schon
durch seine volksthümlichen VHrkungen von so grosser Bedeutung ist,
gewiss lllChi, ausser Acht lassendürfen. In diesem Augenblick ist es aber
keineswegs meine Aufgabe, den geneigten Leser auf ein so weites Feld
zu führen. ich habe hier nur, aus Veranlassung des in der Ueberschrift
genannten Werkes, über einen einzigen unter denjenigen unsrer deutschen
Künstler, die ihre 'l'hätigkeit in mehr oder weniger umfassender Weise
der Bücher-Illustration zugewandt, zu berichten.
Professor L. Richter in Dresden ist so viel mir bekannt mit
selbständigen Bildern bis jetzt wenig hervorgetreterr. i) Auch Kupferstich
oder Lithographie, sonst. sehr wirksame Träger für die Verbreitung des
künstlerischen Namens und seiner Wirkung, haben nicht eben beigetra-
gen, ihn bekannt zu machen. Die „Deutschen Dichtungen mit Randzcich-
nungen deutscher Künstler" (Düsseldorf bei Buddeus) enthalten drei sau-
ber durchgeführte Ratlirungen von seiner Hand, in denen die Freunde
seiner Darstellungsweise den liebenswürdigen Künstler allerdings wieder-
finden, die sicl1 aber doch unter der Fülle derRadii-ungen verlieren, welche
bei uns in jüngster Zeit ebenso reich und lustig zu Tage gekommen sind.
1) Hr. von Quandt in Dresden hat mich, in N0. 60 des Kunstblattes vom
J. 1848, 0b meines oben ausgesprochenen Nichtwissens von Richters umfassen.
der Thätigkeit auch im Fache der eigentlichen Malerei, gebiihrlich zurechtgewie-
sen. Ich bin ihm für die Belehrung mag diese auch in einer eigenlhümli-
Qhen Sprechweise vorgetragen sein aufrichtig dankbar.