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lfeltlherrnstab gestützt, ein Ganzes von feierlich energischer Erscheinung);
Das zweite Bild stellt den ersten König Preussens, Friedrich l., dar,
nach einem Gemälde des damaligen Hofmalers Pesne. eines Parisers von
Geburt. Auch dies ist eine entschieden repräsentirende Darstellung, doch
nicht mehr conventioneller Art, sondern unmittelbar der im Leben aus-
geübten Repräsentation entnommen. Der König, in blitzend funkelnder
Kleidung, sitztattf silbernem Throne, zu dessen beiden Seiten der Her-
melin in majestätischen Falten tief die Stufen niederfällt; die Rechte hält
mit eleganter Fingerbewegung das zierliche Scepter. die Füsse ruhen, in
ebenso eleganter Stellung, auf dem prachtvoll gesticktcn Sammtkissen,
welches vor den Thron niedergelegt ist. Baldachin, Säulen und sonstiges
Zubehör sind nicht vergessen. Die fast seltsam cigenthilmliche Atlfgabe
ist von dem Maler mit ungemeinem Geschick behandelt und zu einer bar-
monischen Gesammtwirkung von grosser malerischer Kraft zusammenge-
zogen, das Original (was auch schon aus der Lithographie hervorgeht) mit
ächter Meisterschaft im Colorit atlsgeführt, wie denn überhaupt Pesne den
besten Coloristen seiner Zeit Anfang des achtzehnten Jahrhunderts _
zugezählt werden muss und wenigstens im Portrait die meisten überragen
dürfte. Als drittes Bild reiht sich das des Königs Friedrich Wilhelm l.,
ebenfalls nach einem Gemälde von Pesne, an. Hier ist es wieder auf
mehr conventionelle Repräsentation abgesehen. Der König erscheint als
Feldherr, den Feldherrnstab in der erhobenen Rechten, mit einem alt-
ritterlichen Brustharnisch angethan, während ein phantastisch kostümirter.
Mohr hinter ihm einen prachtvollen Turnierhelm zum Aufsetzen bereit
hält. Die romantischen Panzerstücke passen nicht mehr zu der Zopfpep-
rücke und dem gesammten Generalskostüm, das der König tlllsserdem
trägt, noch weniger die etwas theatralische Commandobewegung zu seiner-
eigenthümlichetr biderben Erscheinung, die der Maler im Uebrigen mit
vollkommener Meisterschaft aufgefasst und wiedergegeben hat; aber gerade
die Naivetät, mit der der Künstler den König die für nothwcndig be-
fnndene Rolle spielen lässt, gieht dem Bilde wieder ein eigenthümliches
Interesse. Das vierte Bild stellt König Friedrich ll. dar, nach einem
Gemälde von Guningham, einem Schotten, der an verschiedenen Höfen
thätig und, wie es scheint, von Petersburg nach Berlin gekommen war.
Dies Bild ist einfaches Portrait, ohne alle, zumal künstliche Repräsgn-
tation, doch in so charakteristischer Auffassung und Umgebung, dass ge-
rade hier der Eindruck einer Persönlichkeit von höchster Bedeutung mit
voller Entschiedenheit sich geltend macht. Der König, schon das Gepräge
des höheren Alters tragend, steht auf einer Marrnorterrasse des Parkcs von
Sanssotzci, auf die Lehne eines mit Karten gefüllten Stuhles gestützt und
im einsamen Nachsinnen mit scharfem Adler-blick zum Bilde hinaus-
scltatrend. Vor ihm eins seiner Windspiele, das vergebens seine Aufmerk-
samkeit auf sich zu lenken sucht; hinterwärts, auf der Brüstung der Ter-
rasse und von den Bäumen beschattet, eine im französischen Geschmack
gehaltene Marmorstatue der Wahrheit. Leider ist diese, in der That er-
greifende Composition nicht in der wüuschenswerthen malerischen Durch-
hildung ausgeführt, wie sich überhaupt Cuninghams Bilder, ob auch durch
vortreffliche Charakteristik, doch weder durch Colorit noch durch Hell-
dunkel besonders auszeichnen; indess ist wenigstens bei dem in Rede
stehenden Blatte der Lithograph für die erforderliche Totalwirktrng nicht
erfolglos bemüht gewesen. Es muss hiebci bemerkt werden, dass Fried-