Germanische
Oulturzustända.
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und wenigstens einen guten Schritt von diesem entfernt, am Ufer steht.
Immerhin indess wird das Blatt, bei den sonstigen allgemeinen Vorzügen
und Eigenthümlichkeiten des Meisters, seine Freunde und Verehrer finden,
und dies um so mehr, als der Stecher, wie übrigens nach seinen früheren
Leistungen nur zu erwarten war, sieh in jene zarte Stimmung, welche
Overbeclds Zeichnungen eigen zu sein pflegt, mit Glück hineingefühlt und
das ich möchte sagen: Musikalische derselben mit bewusstem Sinne
wiedergegeben hat.
Germanische Culturzustände. für die erste Cajüte des Moldau-Elb-
Dampfschilfes Germania grau in grau ausgeführt, radirt etc. von Rolle.
Dresden, 1846. (Ohne Angabe einer Verlagshandlung.)
(Kunstblatt
1847,
Der Künstler, der diese Compositionen als friesartige Verzierungen,
auf Goldgrund, in dem genannten Dampfschiffe ausgeführt hat, ist der-
selbe, von welchem die Cornposition der Gigantomachie auf dem Vorhange
zur Dekoration der Antigene im Dresdener Theater, die in lithographi-
scher Federzeichnung ebenfalls schon herausgegeben ist, herrührt. Das
vorliegende Heft enthält 11 Blätter in Quer-Folie mit länglichen, wie
eben angedeutet, friesartigen Darstellungen. Die Aufgabe ist in sinnrei-
cher Gedankcnfolge und in charakteristischer Entwickelung des einzelnen
Momentes gelöst. Der Inhalt der Blätter ist folgender: 1) Allgemeines
Titel oder Einleitungsbild, mit den allegorischen Gestalten der Germania,
der Moldau und Elbe, welche letzteren beiden sich zur Seite jener lehnen.
2) Jagdscene, zur Charakteristik des Urzustandes der Deutschen. 3) Fürst-
licher Held, auf abendlicher Wasserfahrt. 4) Römische Händler, Schmuck
und auch Waffen zum Kauf bringend. 5) Peinliche Rechtspflege der
Römer in Deutschland. 6) Drusus am Elbufer, dem jenes räthselhafte
weibliche Wesen das weitere Vordringen wehrt. 7) Die Hermannsschlaeht.
8) Einführung des Christenthums. 9) Pflege der Wissenschaft durch Karl
den Grossen. 10) Rückkehrende Kreuzfahrer, Kunstwerke aus Griechen-
land herbeiführend. 11) Guttenbergs Druckerthätigkeit und die befreite
Wissenschaft, unter den allegorischen Gestalten der vier Fakultäten , die
in die Ferne hinaus entschweben. Ueberall ist in diesen, zum Theil
fignrenreichen Compositionen der gedankenhafte Inhalt und die glückliche,
klar verständliche Darlegung desselben, sowie der ansprechende dekorative
Sinn, der sich in der allgemeinen Raumvertheilung und in der meist sehr
geschmackvollen Linienführung kund giebt, anzuerkennen. Wäre der Ge-
danke auf gleiche Weise zur naiven Lebensäusserung geworden, wäre die
Zeichnung, die Form und die Bewegung der einzelnen Gestalten, zumal
in den genreartigen Scenen, minder conventionell gehalten, als dies WU-
nigstens zum grösseren Theile der Fall ist, so würde das geistvolle Werk
auf noch höheren Beifall Anspruch haben. Die Blätter sind im Umriss