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Dia
Kunst
Gegenstand
der
Staatsverwaltung.
haupt Dichtungen und Compositionen zu dem besondern Zwecke, bestimm-
ten festlichen Ereignissen zum Schmucke zu dienen, gefertigt werden. Es
dürftenunter Umständen, und freilich unter der allgemeinen Voraussetzung
eines künstlerisch bewegten Lebens, zum Behnf solcher Feste von volks-
thümlicher Bedeutung auch von Seiten des Staates an Dichter und Compo-
nisten die erforderlichen Aufträge ergehen können.
lndcss liegt es doch in der Natur der Sache und in dem Wesen die-
ser beiden Künste, dass bei ihnen die Anregung zur Prodnction ungleich
weniger durch die vorübergehende äussere Gelegenheit als vielmehr aus
dem inneren 'l'riebe von Seiten des schaffenden Künstlers erfolgen muss.
Hier aber liegt eine zwiefache Gefahr nah, die in der That besonders
unsrer Dichtkunst so vielfältiges Verderben gebracht hat. Bei minder chn-
rakterfesten Naturen, die ihre Unabhängigkeit nicht zu wahren wissen,
wird die Classicität des Schaffens, d. h. die volle, unermüdliche Hingabe
an die Arbeit und ihre gediegene Durchführung, leicht durch die vielge-
staltigen Einflüsse der mercantilen Specnlation, bei energischen Charakte-
ren, die sich hievon und gleichzeitig von der öffentlichen Meinung mit
Verachtung abwenden, leicht durch eine egoistische Willkür untergraben
werden. Darum ist es so wünschenswerth, dass dennoch, wenn auch nur
in vermittelnder Weise, für die beiden in Rede stehenden Künste eine
Veranlassung gegeben werde, die ein wahrhaft gediegenes. von jenen äus-
serlichen Rücksichten" freies Schaffen zu befördern und eine Ausgleichung
mit der grossen Begünstigung, welche den bildenden Künsten durch Auf.
träge für öffentliche Zwecke zu Theil wird, hervorzubringerx im Stande sei
Die Betrachtung knüpft sich hier an die schon im Obigen enthaltenen
Vorschläge wegen Bewilligung goldner Medaillen für ausgezeichnete Dicht-
und Musikwerke an. Da die Ausübung jeder Kunst (auch der Dichtkunst,
wenn sie sich nicht auf das Leichteste und Gewöhnlichste beschränken oder
völlig dem Zufall anheimgegeben sein soll.) ein Leben erfordert und ins-
gemein jeder Künstler von dem Ertrage seines Schattens leben muss, so
scheint es am Angemessensten, neben jenen Medaillen (und in einem
irgendwie näher bestimmten Verhältnisse zur Ertheilung derselben) für
gewisse Zeit-Abschnitte fortlaufend bestimmte G eld- Prä mien zu
bewilligen, die den gediegensten der innerhalb der jedesmaligen P3-
riode erschienenen Dicht- und Musikwerke nach festgesetzten Normen
zuertheilt würden. Die hicbei zu beobachtenden ltücksichten, in Betreif
der besondern Fächer beider Künste, des Modus der Preis-Ertheilungen
u. s. w., würden ohne Schwierigkeit festzustellen sein. Für einzelne Fälle
könnte die zu bewilligende Geldprämie auch den Preis einer Concurrenz
über eine besondre Aufgabe, die für die in Rede stehenden Zwecke ausge-
schrieben wäre, ausmachen, analog dem im Obigen, bei den Veranlassnngen
zu Werken bildender Kunst beiläufig gemachten Vorschlage; wobei zu be-
merken ist, dass einige allgemeine Concurrenzen der Art, welche von der
musikalischen Section der hiesigen Königl. Akademie der Künste veran-
staltet waren, schon sehr beachtenswerthe Erfolge hatten. Es braucht
nicht besonders darauf hingedeutet zu werden, dass, abgesehen von dem,
dem Einzelnen zufallenden Gewinne, schon der hiedurch angeregte ungleich
höhere Wctteifer, vor Allein aber das Bewusstsein, dem Staatsleben anzu-
gehören und einen Gegenstand der Fürsorge von Seiten der höchsten Ver-
tretcr desselben auszumachen, so belebend wie kräftigend auf diese Fächer
der künstlerischen Thätigkeit zurückwirken müsste.