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Die
Kunst als
Gegemstax
der
Staatsverwaltung.
rliugs sehr-geeignet ist. Es sind die grosscn Interessen der Religion und
der Geschichte des Volkes und das dem Menschen eingeborene. Bedürf-
niss, das Gefühl seines Daseins durch lebendig sprechende Zeugnisse der
Nachwelt zu überliefern. Religiöse und historische Monumente und solche,
welchc die Strebungen der Gegenwart anschaulich machen, sind hier die
grossen Aufgaben der volksthümlichen Kunst, Werke, die sich an
Architekturen, sie nach den ästhetischen Erfordernissen vollendend, an-
schliessen oder die in selbständiger Befriedigung ausgeführt werden, ein-
zelne für sich bestehende Kunstwerke oder solche, die in kleineren oder
grösseren Reihefolgen erst ein geschlossenes Ganzes ausmachen. Die Fülle
der Aufgaben, die hier gelöst werden können, ist überaus reich; es kann
aber, der Natur der Sache gcinäss, nicht darauf ankommen, diesen Reich-
thnm sofort erschöpfen zu wollen, vielmehr nur darauf: dass je nach den
Punkten, welche vorzugsweise den Nerv des Volkslebens berühren wür-
den, eine glückliche Auswahl, je nach den äusseren Umständen und auch
nach der Summe der künstlerischen Kräfte des Staates eine bestimmte
Disposition getroffen und das ausführbar Bcfundene principruässig Ginge-
leitet und conseqnent durchgeführt werde. Schon das Einzelne, was in
diesem Bezüge unternommen wird, muss in vielfacher Hinsicht anregend
und belebend wirken, wie dies in der That vornehmlich in Betracht jene,-
plastischen national-historischen Denkmäler, deren wir uns erfreuen und
denen wir eine eigenthümliche Bildhauerschule von soltner Gcdiegeuheit
verdanken. der Fall ist. Vornehmlich wichtig müssen natürlich diejenigen
Knnstdenkmäler sein, welche im Herzen des Staates, in der Residenz,
ausgeführt werden; aber auch für die Hauptorte der Provinzen würde die
ätaatsverwaltung ähnliche, wenn wicrhaltnissmassig auch mehr befllnglg
orge zu nehmen haben. Bedeutende Vlerke, ganz auf Veranlassung des
Staates ausgeführt, würden den einflussreichsten Punkt solcher Thätigkeit
ausmachen; aber auch eine Theilnahme des Staates an den, von Ccm-
munen auszuführenden Werken würde den allgemeinen Sinn für das
volksthümlich ästhetische Element fördern und namentlich dem Staate
Gelegenheit geben, vom Standpunkte seiner vorausgesetzt höchsten Kunst-
{jntelligenz über der möglichst gediegenen Durchführung auch dieser Ar-
eiten zu wachen.
Es ist übrigens wünschenswerth, dass die in Rede stehende Fürsorge
von Seiten des Staates nicht bloss denjenigen besonderii Fächern der
Sculptur und Malerei zu Theil werde, deren Werke, je nach dem etwa
zu befolgenden Gesichtspunkte, einen monumentalen Charakter anzuneh-
men geeignet sind, sondern gleichzeitig auch den vervielfältigenden
Kunstfächern. Die Rücksichtnahme auf die letzteren ist besonders
dadurch motivirt, dass ihnen bei der grossen Anzahl von Exemplaren des
mit ihren Eormen beschafften Kunstwerkes und bei der vei-hältiiissmässigen
Wohlfeilheit des einzelnen Exemplars eine ausserordentliche Popularität
beiwohnt und sie somit ebenso zur Veredelung wie zum Verderb des
höheren Kuiistsinnes und des Geschmackes überhaupt in ausgedehntem
lViaasse beitragen können. Hier dürfte es angemessen sein, möglichst ge-
diegene Arbeiten von volksthümlichem Interesse aus Staatsmitteln und
unter Garantie der betreffenden Staatsanstalten zu veranlassen und ihnen,
auf die jedesmal als angemessen erscheinende Weise, möglichst grosse
Verbreitung zu geben. Namentlich gilt dies von denjenigen der verviel-
faltigenden Kunstfächer, deren Technik besonders schwierig ist, also zu-