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Kritiken,
Berichte,
Erörterungen.
nicht ebenso der Fall war. Fast durchgehend war das Bestreben wahr-
zunehmen, den eigenthümlichen Anforderungen, die sich aus dem jedesmal
darzustellenden Gegenstande ergeben mussten, möglichst vollständig zu
genügen, die lokale Charakteristik möglichst genau zu erfüllen, auch die-
selbe in künstlerischer Weise auszuprägen. ln der bei Weitem überwie-
genden Mehrzahl der hieher gehörigen Bilder hat dies Streben mannig-
fache glückliche Erfolge gehabt, uud so boten sich in ihnen landschaftliche
Charakterbilder dar, die, mochten sie uns die Zustände deutscher Natur
oder die Schweiz, Italien, Griechenland, Hindostan und Brasilien _vorfüh-
ren, mochten nordische oder italische Bauten, Scenen des Hirten- oder
Jagdlebens diesseits oder jenseits der Alpen in ihnen dargestellt sein, stets
das Interesse des Beschauers hervorzurufen geeignet waren. Aber auch
bei ihnen war die Anzahl derjenigen Werke nicht bedeutend, die eine
tiefere, wahrhaft künstlerische Befriedigung gewährten. Ueber das bloss
stoflliche Interesse des Gegenstandes gingen dennoch nur wenige dieser
Bilder hinaus; nur wenige vermochten es, sich von jener allerdings noth-
wendigen realen Basis aus zu einer eigentlich poetischen Wirkung zu
erheben. Die augenblickliche Unentschiedenheit des gegenwärtigen Stre-
bens, der Mangel eines lebhafteren geistigen Schwunges zeigte sich auch
in dieser Gattung künstlerischer Thätigkeit.
Bei dem Vorherrschen des Stoftlichen und dem Unterordnen der ln-
dividualität unter das Gesetz des letzteren machten sich in der Landschaft
zugleich keine hervorstechenden Unterschiede der künstlerischen SClllllen
bemerklieh. Doeh waren überhaupt nur wenige Bilder dieser Gattung auf
der Ausstellung vorhanden, die nicht von einheimischen oder in Schulen
des Inlandes gebildeten Künstlern herrührten. Einzelne Namen als beson-
ders ausgezeichnete vor den andern hervorzuheben, hat hier seine Schwie-
rigkeit. Höhere künstlerische Verdienste waren vornehmlich in den Wer-
ken des in Rom zu früh verstorbenen A. Elsasser und in denen von
Behrendsen, früher in Berlin, jetzt in Königsberg, in denen von Grab,
E. Hildebrandt, Böniseh in Berlin, von Schirmer, Lang, l-Iappel,
Portmann in Düsseldorf u. A. m. zu finden. Unter den landschaftlichen
Thierbildern nahmen die von Steffeck eine bedeutende Stelle ein.
Die ausgezeichneten Bilder einiger Niederländer, Ruyten, Koeckkoeck,
van Haanen, Verboeckhoven und die meisterhaften Etfectstücke von
Aiwazowsky in St. Petersburg reihten sich jenen gediegneren land-
schaftlichen Leistungen der einheimischen Kunst an.
lm Fache des Stilllebens wie in dem der Arabeske war Verschie-
denes vorhanden, was einerseits das Kleinleben der Natur zierlich zu
erfassen, andrerseits das Gepräge einer ansprechenden Dekoration zu ge-
winnen vermochte. Ein Fruchtstück von Preyer in Düsseldorf zeichnete
sich durch die innere künstlerische Vollendung aus, die durchweg den
Werken dieses Meisters eigen zu sein pflegt.
Die Sculptur zählt mit Ausschluss der Medaillen, deren Anzahl
nach dem Verzeichniss der Ausstellung nicht genau anzugeben ist 106
Nummern. Die geringe Zahl und überhaupt die unzureichende Vertretung
der einheimischen Bildhauerschule auf der letzten Ausstellung erklärt sich
durch die umfassenden Aufträge zu monumentalen Arbeiten, mit denen die
hiesigen Künstler dieses Faches durch den König, im Einzelnen auch
durch verschiedene städtische Behörden gegenwärtig versehen sind, so (lass