Kuustausstelluug im
Berliner
Herbst
1846.
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am Ende gar vm-iomn gehen, für sie eines neuen ergreifenden Impulses
bedarf. Nur wo der Gegenstand der künstlerischen Darstellung das Ein-
gehen auf ein markantes individuelles Leben unbedingt nöthig machte, wie
in einigen wenigen Gemälden geschichtlichen Inhalts, wie in den fein
durchgebildeten Portraits von Sohn und Hildebrandt, in den Genre-
bildern von Jordan, Hasenelever, C. Hühner, zeigte sich unter den
hier ausgestellten Bildern auch die entschiedene Darlegung künstlerischer
Kraft und nachhaltigen künstlerischen Willens.
Die gegenwärtige Dresdener Schule ist, der Hauptsache nach, als
eine Abzweigung der Düsseldorfer Schule zu betrachten. Die von Ben-
dema nn eingesandten Cartons zu einigen der Bilder, welche er im königl,
Schlossc zu Dresden ausgeführt hat, geben neue Belege für den eigen-
lhümlichen Adel des Talents und die Feinheit der Bildung, welche diesen
Künstler auszeichnen, liessen aber in Etwas doch auch jene höhere Energie
und Unmittelbarkeit vermissen. Unter den bcdeutenderen 'l'alenten, die
ihm in verwandter Richtung zur Seite stehen, hatte diesmal Metz aus
Brandenburg, in seiner "Vermählung des Tobias," ein Bild von schöner,
in sich abgeschlossener Durchbildung eingesandt; man konnte dies Gemälde
in Auffassung und Behandlung etwa einem schönen Francia vergleichen.
lm Allgemeinen findet das, was so eben von der Düsseldorfer Schule ge-
sagt ist, auch auf die Dresdener Schule seine Anwendung; der von J.
Hübuer und Bendemaun heraugebiltlete jüngere Nachwuchs der letzteren
erschien, einzelne Ausnahmen allerdings abgerechnet, nur als ein abge-
schwächter lletlex der Düsseldorfer Schule. Andere Düsseldorfer sind
gegenwärtig in Frankfurt wohnhaft. Unter den Werken, welche die letz-
teren eingesandt, war besonders ein Gemälde von Rethel, "Petrus, wel-
cher den Lahmen hcilt," durch die männliche Energie der Behandlung
beachtenswerth, während die Genrebilder von Becker den schönen Lei-
stungen dieser Gattung, die unmittelbar aus Düsseldorf eingegangen waren,
zugezählt werden mussten.
In Berlin hat sich die Malerei von Iigürlicher Darstellung nicht zu
einer besonderen Schulrichtung coucentrirt. So erschien auch in den Bil-
dern der jüngsten Ausstellung ein sehr verschiedenartiges Streben ziemlich
unvermittelt neben einander. Der persönliche Einfluss einzelner, jetzt zu-
meist verstorbener Meister, verbunden mit classischen Studien in Rom,
hat einerseits eine Richtung von einer gewissen olassischen Strenge zur
Folge gehabt, von der einzelne, an sich beachtenswerthe, doch nicht be-
deutend hervorstechende Leistungen vorhanden waren. Andererseits hat
ein gewisses romantisches Genre Anklang gefunden, das noch gegenwärtig
durch eine Anzahl von übrigens auch nicht besonders erheblichen Lei-
stungen vertreten wird. Daneben macht sich, in ziemlich breiter Ausdeh-
nung, eine Geuremalerei bemerklich, die sich in der Darstellung einfacher
Vorgänge des gewöhnlichen Lebens bewegt und neben manchem Trivialen
auch manches ganz Ansprechende hervorbringt. Einzelne Künstler, Wie
u. A. der Schlachtenmaler Edmund Rabe, erheben sich aus solcher
Richtung zu einer erfreulichen Energie, während sich dieselbe in den Ge-
mälden von F. E. Meyerheim zur seltensten Vollendung entwickelt.
Die Ausstellung besass von dem letzteren acht Gemälde von gleicher,
höchst meisten-haftet Gediegenheit, in denen die gemüthliche Seite des va-
terländischen Volkslebens in eben so reiner Naivetät, wie mit ächt künst-
lerischem Schönheitssinne zur Erscheinung gebracht war. Unabhängig von