Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Berichte, 
Kritiker 
Erörterungen. 
nicht selten mehrere Gegenstände unter einer Nummer aufgeführt vraren. 
dass daher eine noch höhere Gesammtsumme angenommen werden muss, 
die überschläglich etwa auf 2000 abzuschätzen sein wird. ln überwiegen- 
der Mehrzahl gehörten die ausgestellten Gegenstände den künstlerischen 
Schulen des Inlantles und den besondern Verzweigungen derselben, also 
vornehmlich der norddeutschen Kunst, an; doch waren auch aus Süd- 
deutschland, aus Frankreich, Belgien und andern Ländern charakteristische 
Beispiele für die künstlerischen Richtungen, welche sich dort geltend 
machen, eingegangen. 
Wie in numerischer Beziehung. so war diese Ausstellung auch in Be- 
treff der Breitenausdehnung des künstlerischen Vermögens, durch die Fülle 
der Talente, durch die grosse Menge allgemeinhin ansprechender Darstel- 
lungen, die sich hier der Betrachtung darboten, sehr beachtenswerth, mehr 
als dies vielleicht jemals bei hiesigen Kunstausstellungen der Fall gewe- 
sen ist. Es ergiebt sich hieraus das an sich gewiss erfreuliche Resultat, 
dass unsre Zeit und dass namentlich auch die norddeutsche Kunst an der 
Fähigkeit, künstlerisch zu schaffen und darzustellen, kaum irgend einer 
früheren Kunstepoche nachsteht. Wenn aber dennoch nur eine geringe 
Anzahl von Werken vorhanden war, welche die höchste künstlerische 
Befriedigung gewährten oder mit genialer Kraft das Urtheil gefangen nah- 
men, so beruht dies ohne Zweifel in dem Zustande der Krisis, in welchem 
überhaupt sich unser gegenwärtiges künstlerisches Streben befindet. Es 
scheint eine augenblickliche Unentschiedenheit eingetreten zu sein, in dcr 
einerseits der begeisternde Trieb, andrerseits die unumwundene Hingabe 
an das Darzustellende in gewissem Betracht hat nachlassen müssen, 
Gleichwohl waren noch manche schöne Nachklänge älterer künstlerischer 
Richtungen, waren ebenso bereits manche schöne Keime neu beginnender 
Bestrebungen und im Einzelnen zugleich manche Leistungen von ganz 
unabhängiger Vollendung wahrzunehmen. 
Der Malerei gehören ungefähr drei Viertheile der ausgestellten Gegen- 
stände an. Das Verzeichniss führte 1406 Gemälde und Zeichnungen auf; 
926 hieven enthielten tigürliche Darstellungen, unter denen sich jedoch 
406 Bildnisse befanden; 415 waren Landschaften und Prospecte, 64 Still- 
leben und Arabcsken.  Bei der einheimischen Malerei unterschieden sich 
besonders die Leistungen der Düsseldorfer Schule, mit Einschluss der nach 
andern Orten übersiedelten Nachfolger derselben und die der Künstler 
von Berlin und der in hiesigen Schulen Gebildeten. Dieser Unterschied 
ist vornehmlich in Betreff der Malerei von ügürlicher Darstellung be- 
achtenswerth. 
Die Düsseldorfer Schule war, was die figürlichen Darstellungen 
anbetrifft, nicht hinreichend vertreten, indem eine Anzahl ihrer ausge- 
zeichnetsten Künstler gar keine oder doch solche Arbeiten eingesandt hatte, 
die zu ihrer vollständigen Würdigung nicht hinlänglich geeignet waren. 
So durfte es allerdings der ganzen Schule nicht zur Last gelegt werden, 
wenn gerade den Darstellungen bedeutenderen Inhalts eine gewisse Schüch- 
ternheit und selbst Schwäche, eine Scheu, sich dem Gegenstande entschie- 
den und völlig hinzugeben, anzuhängen schien. Immer jedoch musste diese 
Erscheinung ein bedenkliches Zeichen bleiben. 
Es liegt zu 'I'agc, dass der lebhafte Schwung, den diese Schule noch 
vor wenig Jahren erfüllte, nachgelassen hat, und dass es, sollen anders 
diese zumeist so vortrefflichen Talente der vaterlänrlisclten Kunst nicht
	        
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