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Berichte,
Kritiken,
Erörterungen
Geusen) geben einander Signale; Fischerweiber sind am Ufer versammelt;
Fischer und Knaben wärmen sich am Strahl der Abendsonne, auf langer
Bank neben einander gereiht und durch ein altes Gemäuer vor der Zug-
lnft geschützt. Bei weitem die Mehrzahl sind eigentliche Landschaften.
Sumpfiges Stromufer; ein kesselformiger See im Gebirge; ein Durchblick
durch den Wald mit dampfendem Meiler; baumreiche Ebenen und andere
Waldscenen; groteske F elsengestaltungen mannigfaltiger Art, einsam in die
Lüfte ragend, oder durch Gewässer und Gebüsch belebt; mancherlei Ar-
chitekturen, die aus der Waldung emporblicken, hier ein buntes Schlöss-
chen, dort eine einsame Mühle, dort ein verlassener, verschneiter Thurm;
hier Fischerhütten am Strom, dldort Bauerhäuser am engen Gebirgspfad
u. s. w. Das Eigenthümliche und Anziehende in der Behandlung dieser
Blätter besteht in dem sicheren Maasse dessen, was zur Vergegenwärti-
gungtder Darstellung nöthig war; überall ist mit wenig Strichen der voll-
endete Effekt erreicht. Man sieht, der Künstler hatte das vollste Bewusst-
sein des Gegenstandes und derjenigen Stimmung, in der er ihn darstellen
wollte, in sich; mit Meisterschaft griff er die charakteristischen Momente
heraus und zeichnete diese mit raschen, festen Zügen hin. S0 lebhaft sie
empfunden waren, ebenso lebhaft wirken nun diese Züge auf die Phan-
tasie des Beschauers und nöthigen ihn, unwillkürlich das Bild bis in alle
Details zu ergänzen. Es ist in der That bewunderungswerth, wie diese
scheinbar so flüchtigen Skizzen durchweg eine Naturlebcndigkeit, eine Hars
monie, eine malerische Kraft haben, dass sie an Wirkung dem ausgeführ-
ten Gemälde nahe stehen. Sie sind in dieser Beziehung den geschätztesten
Radirungen jener alten Landschaftsmaler, eines Waterloo, Everdingen
und Anderer, die die Nadel auch mit so weiser Oekonomie zu gebrauchen
wussten, zur Seite zu stellen. Bei der heutiges Tages wieder in Auf.
schwung gekommenen Radirung, und namentlich bei der landschaftlichen,
ist man im Allgemeinen mehr auf detaillirte Durchführung, dem eigeng-
liehen Kupferstich mehr entsprechend, ausgegangen, und man hat hiebei
allerdings sehr beachtenswerthe, im Einzelnen überraschende Erfolge ge-
habt. Immer aber bleibt es wenigstens gefahrvoll, sich mit der Radirnade]
auf ein Gebiet zu wagen, wo der Grabstichel mit festerer Machtvollkom-
menheit herrscht; und jedenfalls ist die skizzirte, ich möchte sagen die
epigrammatische Darstellung diejenige, die der Nadel vorzugsweise zusagt.
Freuen wir uns also, dass ein Meister wie S c h e ure n diese gute alte
Weise wieder zu Ehren gebracht und in ihr gebührendes Recht singe-
setzt hat.
Gen rebilder aus dem Oriente. Gesammelt auf der Reise Sr. königl.
Hoheit des Hrn. Herzogs Maximilian in Bayern und gezeichnet von Hein-
rich v. Mayr etc. Mit erklärenden: Texte von Sebastian Fischer,
Dr. etc. Erste Lieferung. Taf. nebst einem Detailblatt. Stuttgart,
Verlag von Ebner und Seubert. 1846. F01.
(Kunstblatt
1846,
Die neuere
Physiognomieen
Zeit hat uns mannigfache Darstellungen des Orients, der
seiner Lokalitäten und seiner Bewohner gebracht, zumeist