npfer-
und
nach
Steindruckblätter
Steinle.
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von ländlicher und kindlicher Naivetät ein; der demüthig gläubige und
hingebende Charakter, den die ganze Darstellung hat, stimmt damit aufs
Vollständigste. Alles bewegt sich in zartester und unbefangenster Grazie
und zugleich in jener feierlichen Ruhe, die mit innerer Nothwendigkeit
zu einer gemessenen Stylistik in der Zeichnung führt. lch wüsste kaum
ein andres Beispiel der gesammten in Rede stehenden Kunstrichtung zu
nennen, das auf ähnliche Weise rein, anspruchlos und darum so höchst
ansprechend erschicne. Die Lithographie ist einfach und sehr sauber.
2) Die sieben Werke der Barmherzigkeit, gestochen von F. A.
Pflugfelder. Hoch F01. Sieben kleine Darstellungen auf einem Blatt,
Umrisse mit geringer Schattcnangabe. Die Aufgaben überall mit den ein-
fachsten Mitteln gelöst und darum zunächst auf das Gemüth eindringlich
wirkend. Doppelt wirksam durch das sehr feine Gefühl in Formenbe-
Zeichnung und Ausdruck, das zugleich von dem Stecher in vortreftlicher
Weise wiedergegeben ist.
3) Der verlorene Sohn, lithogr. von Chr. Becker. Quer F01.-
Eine Darstellung schon entschieden symbolischen Inhalts, anspruchvoller
als die vorigen und darum minder naiv. Der Künstler ist nicht recht da-
hin gelangt, die tiefere Bedeutung der Darstellung in der letztem ganz
aufgehen zu lassen; seine Absicht und seine künstlerische Thätigkeit sind
hier nicht mehr ganz im Einklange. Die Hauptgruppe, des Vaters mit
dem Sohne, besonders die Weise wie der Sohn sich jenem in die Arme
wirft, ist zwar noch vortrefflich componirt, in der Gestalt des Vaters je-
doch schon eine gewisse Feierlichkeit, die durch den schlichten Vorgang
nicht recht motivirt ist. Die Knaben zur Seite, die Gewand und Schmuck-
kästchen herbeibringen, sind schon ziemlich entschieden zu blossen
Repräsentanten des Gedankens geworden und haben damit zugleich an der
Schönheit und selbst an der Richtigkeit der Zeichnung Einbusse erlitten.
(Dief lieine des vorderen Knaben z. B. sind ein gut Theil älter als sein
Kop
4) Der Heiland als guter Hirt, das verlorene Schaf wieder
findend, gestochen von Franz Keller. Gross Quer Fol. Einc Felsen-
höhe mit einem trocknen Dornbusch, zwischen dessen Stämmen das Schaf
eingeklemmt liegt; der Heiland ist die Höhe von jeuseit herauf gestiegen
und vor dem Busche niedergekniet, wie es scheint, um das Schaf frei zu
machen. Die hohe Schönheit des biblischen Glcichnisses wird Niemand
läugnen, und eben so wenig; dass sie einer künstlerischen Darstellung
fähig ist. Aber es muss dann auch eine wirkliche Darstellung werden,
und bei solcher kommt man ohne ein Theil kräftiger und entschiedener
Natürlichkeit nicht zum Zweck. Unser Künstler aber hat sich hier allzu
einseitig an den blossen Gedanken gehalten und aus der Darstellung nur
ein Symbol gemacht. Schon die äuvsserliche Situation des Bildes ist sehr
bedenklich. Wie dieselbe hier gegeben ist, hatte das Schaf auf keine
Weise eine Veranlassung, sich zwischen die Dornenstämme eiuzuzwängen;
in dem Dornbusch war nichts zu suchen, dahinter war tiefer Abgrund,
rechts und links war der Platz frei, Wäre es eine enge Schlucht, in der
das Thier sich bewegte, so wäre der Vorfall natürlich gewesen. Vielleicht
indess wollte der Künstler mit der kahlen Dornenhöhe schon an sich einen
besondern Gedanken bezeichnen, etwa die Oede des Rationalismus, aber er
musste dann die Sache doch jedenfalls motiviren. Der Heiland. soll als guter
Kugler, Kleine Schriften. m. 36