den
Ueber
Pauperismus auch in
Kunst.
der
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eigentlich schon seit dem Zerreissen des naturgemässen Zusammenhanges
zwischen Kunst und Handwerk auf ihnen haftet, dass man ihnen das Feld
bereite, welches ihnen vorzugsweise zukommt, und dem letzteren dadurch
seine einzig angemessene Bearbeitung sichere. Wenn auf der einen Seite
allerdings an diese Talente selbst die Anforderung gestellt werden kann,
dass sie ihren Beruf und die ihnen zukommende Sphäre einer segenvollen
Wirksamkeit erkennen. so darf wohl auch auf der andern Seite der Wunsch
ausgesprochen werden, dass man von oben herab dies Verhältniss mehr
anlerkenne. als seither zu geschehen pflegt; dass man diese Talente nicht
entschieden und völlig von der künstlerischen Laufbahn, wohin sie doch
durch inneren Trieb geführt werden, zurückschrecke, sondern sie vielmehr
auf die Stelle hinlcite, die ihnen gebührt und die doch auch sehr we-
sentlich zur Kunst mitgehört; und dass man endlich für diejenige Aus-
bildung, die gerade sie in Betracht ihres eigenthümlichen Berufes nüthig
haben, die erforderlichen Mittel und Einrichtungen in Stand zu setzen
wisse. Soviel ich weiss, fehlt es hieran noch in den meisten Fällen. Wir
haben Schulen zur künstlerischen Bildung der Handwerker, die allerdings
verhältnissmässig fruchtbar wirken, bei denen aber doch in der Regel nur
auf den Handwerker gewöhnlichen Schlages (sofern sein Gewerbe über-
haupt nur mit einer Art ästhetischer Formenbildung zusammenhängt) Rück-
sicht genommen wird; und wir haben Kunstschulen zur ausschliesslichen
Bildung eigentlicher höherer Künstler. Diejenigen, die ihrer natürlichen
Anlage nach zwischen beiden in der Mitte stehen, finden sich in der
ersteren nicht heimisch und können den Ansprüchen der zweiten, so gern
sie es vielleicht möchten, nicht genügen. Für den Mittelstand zwischen
Handwerkern und Künstlern, für die Kunsthandwerker, bedarf es auch
einer Mittelschule, die vielleicht zugleich mehr organischen Zusammen-
hang ZWiFche" jenen beiden Gattungen von Schulen hervorbringen könnte.
GEWISS wurde die entschiednere Anerkennung des Kunsthandwerkes
in seiner selbständigen Bedeutung allen Instanzen, die hiebei zur Sprache
kommen, die wesentlichsten Vortheile gewähren. Der mit künstlerischem
Trieb ausgestattete Handwerker findet hier die naturgemässe Sphäre, in
die er sich von seinem ursprünglichen Berufe aus und ohne Gefährdung
desselben erheben kann, während es heute nur zu oft vorkommt, dass er
unter solchen Umständen sogleich meint, sich der Kunst selbst widmen zu
müssen. Der Künstler, dessen Beruf zu höherer Leistung sich nicht zur
Genüge doeumentiren will, wird hier am Besten seine Stellung im Leben
gründen können, ohne dass er zu befürchten brauchte, bei solchem Verfahren
von dem Kreise künstlerischer Thiitigkeit allzustreng ausgeschlossen zu wer-
den. Das Kunsthandwerk aber wird hiebei am Sichersten diejenige Gediegen-
heit wieder finden, die es seit dem Erlöschen der alten Innungen (in denen
Kunst und Handwerk ursprünglich vereinigt waren) eingebüsst hat. Wie
die Sachen gegenwärtig liegen, werden die Arbeiten des Kunsthandwerkes
entweder durch den gemeinen Handwerker nach eigener sogenannter Er-
findung geliefert, wobei denn nach allen beliebigen Mustern umhergesucht
wird und diejenigen artistischen Pfuschereien entstehen müssen, von denen
oben die Rede war. Oder ein wirklicher Künstler, gewöhnlich ein Ar-
chitekt, liefert das Muster für den besondern Fall; wobei aber nur zu
häufig der doppelte Uebelstand entsteht, dass sowohl der Handwerker sich
dennoch in das Vorbild nicht zur Genüge hineinzufühlen versteht, als
auch der Künstler sein Vorbild ohne vollständige Kenntniss der zur Aus-