BERICHTE,
KRITIKEN ,
ERÖHPERUNGIEN.
1845
1846.
Ueber den Pauperismus
der Kunst.
auch in
(Kunstblatt
1845
Es ist ein eignes Schauspiel, wie unsre Zeit, mitten in dem l-lasten
und Drängen nach persönlicher Geltendmachung und nach raschem Gewinn,
sich plötzlich von einem scharfen Weh durchzuckt fühlt, wie sie, einen
Augenblick wenigstens, still steht und um sich schaut und nach Heilmit-
teln für Jenes Leiden haseht. Die Noth, von der man es gewohnt war,
dass S16 16186 redete und sich scheu zurückgezogen hielt, ist. auf den otf-
neu Markt hervorgetreten und hat ihre Stimme laut erhoben; sie will auch
ihren Theil vom Leben; sie fordert es um so dringender und ungestümer,
je glänzender der Zug all der Glücksritter an ihr vorüber rauscht. Man
hat das Symptom einer drohenden Gefahr" erkannt. Wohlthätigkeits-
und l-lülfs- und Besserungsvereine- entstehen aller Orten; Unterstützungen
an Geld und Arbeit werden gesammelt, Sparkassen und Prämienkassen
errichtet. Man möchte die Wunden zunähen, ehe die Glieder ganz von
einander fallen; aber (und freilich ist auch das schon genug ausgespro-
chen) die Mittel von anssen werden nichts nützen, solange man nicht den
innern Keim des Uebels erfasst hat.
Auch die Kiinstlerwelt hat dieser allgemeine Schreck ergriffen. Auch
hier entfaltet sich plötzlich das Bild beklemmender, peinlicher, düster
drohender Zustände. Es sind mehr der Producenten_ vorhanden als der
Abnehmer; der Bildermarkt ist überfüllt, und nur z1i' häutig kehren die
Arbeiten, die man hoffnungsvoll zur Reise durch die Kunstausstcllungen
hingab, in das leere Haus des Künstlers zurück. Die Kunstvereine haben
eine Masse von Künstlern geschaffen, die ihr Geschäft frischweg auf eigne
Rechnung gründeten: dem Privatbedarf an Bildern, je nach dem Geschmack
daran und nach den vorhandenen Mitteln zu ihrer Erwerbung, ist jetzt
zum grösseren Theil sein Genüge gethan. Manches Umfassende für die
Kunst ist durch das Interesse und die Liebhaberei einzelner Hoehstehender
veranlasst, mit Sorge muss man des Tages gedenken, wo der eine oder
der andre unter den Mäcenaten vom Schauplatz seiner Thätigkeit abgeru-