Reisenotizen.
München
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gefasst, aber nicht mit recht naiver Frische durchgeführt. Es ist viel Her-
kümmliches darin, und unter diesem sogar das Beste. Der Ansführuxm
fehlt es ebenfalls an wahrer innerer Kraft und Frische; es sind mehr ade?-
weniger glänzende Dekorationen, zum Theil in siissen Tönen, die an die
Zeit der Angelika Kauffmann erinnern.
Die Freskomalerelen. welche von H. Hess und seinen Freunden und
Gehülfen in der Allerheiligen-Kapelle ausgeführt sind, haben eine
sehr entschiedene Eigenthümlichkeit. Der fast mystischen Wirkung, welche
das Hervortauchen dieser Gestalten aus dem goldschimmerndeu Grunde der
Wölbungen hervorbringt, ist bereits oben gedacht. Höchst würdig, ideal
verklärt und in feierlichster Ruhe blicken die Gestalten auf den Beschauer
herab. Diese allgemeinen Eigenschaften sind es, was ihnen den künst-
lerischen Styl giebt; alterthümliche Motive sind bei ihnen nur im Einzel-
nen aufgenommen, nichts von knechtischer Nachahmung der Darstellungs-
weise einer früheren Zeit. Gleichwohl ist bei ihnen Alles, trotz der schö-
nen modernen Behandlung, uur Repräsentation im altchristlichen Sinne,
ist Alles somit symbolisch, mystisch. Reelle Gegenständlichkeit, thatkräf-
tige Wirkung und Wirksamkeit werden nicht erstrebt. Es ist eben durch-
weg ein Bild des neu-mittelalterlichen Katholicismus, aber in seiner edel-
sten, am meisten berechtigten Gestalt. Im Allgemeinen sind die Bilder
über den Mittelräumen die gediegneren, und gehören sie zumeist wohl
der eignen Hand des Meisters an.
Aehnlißher Richtung, von denselben Meistern ausgeführt, gehören die
Freßkßll der Bonifacius-Basilika an. Ich sah dieselben noch nicht
völlig enthüllt. Die Gestalten der Absis, auf goldnem Grunde, sind tref-
lich, ganz in der Weise von Hess; doch vielleicht ist die entsprechende
Darstellung in der Allerlieiligenkapelle noch feierlicher gehalten. Die an
den Wänden ausgeführten Bilder aus der Geschichte des h. Bonifacius, -
die grösseren dramatisch componirt und mit landschaftlichen Gründen, die
kleineren grau in grau gemalt, enthalten viel Gutes und schöne innige M0-
tive; doch scheint sich die Richtung der Künstler, Hess und Schrau-
dolph, der beiden eigentlich bedeutenden unter denen, die hier thätig
waren, nicht recht in diesem Elemente zu bewegen; es fehlt ihnen die
höhere dramatische Energie, was sich auch in der Zahmheit des maleri-
schen Tones zeigt. Die kleineren Bilder sind zum Theil wirklich befrie-
digender, weil hier das dramatische Element sich wiederum mehr der
symbolisirenden Richtung zuneigt.
Die protestantische Kirche hat ein grosses, a1 fresco ausgeführ-
tes Deckengemälde von C. Hermann: Christi Himmelfahrt; zu seinen
Seiten zwei anbetende Engel, über ihm Gott Vater mit verschiedenen
Reigen von Engelköpfen; unter ihm die beiden weissen Engel und die
Jünger. Es ist ein mathematisch strenger Ernst in diesen Gestalten und
besonders in ihren Gewändern; wo dies nicht der Fall, wie z. B. in dem