Raisenotizen.
München.
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scheu in der Regel unterordnen, so dass das gelegentlich Banale, z. B,
die Bezeichnung von Dürerls und von Tizians künstlerischer Bedeutung
dadurch, dass Kaiser Max jenem die Leiter hält, Karl V. diesem einen
Pinsel von der Erde aufhebt, im Allgemeinen nicht auffällig wirkt. Die
Ausführung dieser kleinen Gemälde ist freilich ohne sonderlichen Geist,
ängstlich {lau stylistisch und fern von allem energischen Lebensgefühl.
Unter den Freskomalereien von Schnorr sind ebenfalls diejenigen,
mit denen seine künstlerische Thätigkeit in München begann, die aus
dem Cyclus des Nibelungenliedes im Erdgeschoss des neuen Königs-
baues (deren Beendung durch die folgenden Arbeiten einstweilen unter-
brochen wurde), entschieden die bedeutenderen, aus der Unmittelbarkeit
des künstlerischen Gefühles entsprungen. Besonders trefflich sind die des
Eingangssaales, welche die Darstellung einzelner, in ihrer Persönlichkeit
ruhig repräsentirender Gestalten enthalten. In der Behandlung freilich sind
auch sie herb und scharf, in Farbe und Stylistik völlig quattrocentistisch,
etwa der Richtung eines Pinturicchio entsprechend.
Im Festsaalbau sind von Sclinorr drei grosse Säle mit Darstellun-
gen aus der Geschichte Karls des Grossen, des Friedrich Barbarossa und
Rudolph's von Habsburg, etwa zur Bezeichnung der Hauptepochen des
deutschen Kaiserthums, angefüllt. Diese haben mehr oder weniger den
Charakter von Tapeten, nicht bloss desshalb, weil sie solche scheinbar,
durch entsprechende Einfassungen, vorstellen, sondern weil sie sich eben
nicht arßhltßktonisch einfügen, weil die Darstellungen gewaltsam aus der
Wand rßfffßtell, weil die ganze Behandlung dekorativ ist, weil dieselbe
auch (wie in der Hauptepoche der Tapetenfabrikation) an die Stelle jener
naiv alterthümlichen Richtung eine etwas manieristische Nachahmung Ra-
phaePs treten lässt. Bei grossen Motiven, bei sehr schöner Einzelausfüh-
rung fehlt es doch an wahrer Grösse des Styles; am meisten tritt dieser
noch hervor, wo die Darstellung, wie z. B. im Barbarossafest zu Mainz.
einen dekorativ repräsentirenden Charakter hat. Die Gestalten gehen, im
Widerspruch gegen Aufgabe, Format und Mangel des I-lelldunkels (den
man in München für nothwendig zur grossen historischen Malerei zu hal-
ten scheint), genrehaft schwer durcheinander. Die Gervantlung wird, wenn
sie frei sein soll, häufig wiederum unschön, wenn auch keinesweges in
der aufalligen Weise, wie dies in den Malereien der Ludwigskirche der
Fall ist. Trotz der Grösse der Räume, trotz jenes dekorativen Gesamint-
charakters wirken die Darstellungen auch in räumlicher Beziehung nwlit
behaglich; es wird dem Beschauer in dem Gewühl, welches ihn umgiebh
eben nicht recht wohl.
Die Räume des neuen Königsbaues, auch einige des Festsaalbaues,
enthalten ausserdem noch eine sehr grosse Fülle bildlicher Ausstattung
von den Händen verschiedener Künstler, mit Darstellungen ausngriechi-
sehen und aus deutschen Dichtern. Sie beginnen, im neuen _Komgsbau,
mit ältest griechischen Dichtungen und init einer Behandlungsweise, ivelche,
wie es scheint, zugleich die Anfange der griechischen Malertechmk ver-
Kugler, Kleine Srhriften. In. 35