Reisenotizexx.
Paris.
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Notizen über die Gallerie des Palais Royal.
Reihenfolge von Darstellungen zur Geschichte des Palais Roya] und
der Familie Orleans. Darunter besonders ausgezeichnet zwei Bilder von
H. Vernet: 1) Gefangennehmung der Prinzen von Conde, Conty und
Longueville auf der Treppe des Gebäudes; durchaus trefflich; in der Com-
position ganz genrehaft naiv und doch zugleich in der Haltung von hoher
künstlerischer Meisterschaft; 2) eine Scene aus der Revolutionsge-
schichte im Hofe des Palais Royal; in ausserordentlicher, daguerrotyp-
artiger Lebendigkeit, aber kein rechtes künstlerisches Ensemble bildend.
Die übrigen Werke dieser Reihenfolge weniger interessant. Ein Bild
von A. Seheffer ist unbedeutend; eins von Alfr. Johannot ist ein
gutes Genrebild im Rococostyle.
Ausserdem noch eine erhebliche Zahl andrer, sehr schätzbarer Ge-
mälde, besonders wieder von H. Vern et. Sein bekanntes und berühmtes
Bild der Beichte des sterbenden Räubers. seiner früheren Zeit angehörig,
ist in der That von sehr schönem Machwerk, entfaltet aber doch nicht die
Fülle malerischer Wirkung, deren er sich später fähig zeigt. Sein be-
rühmtes Portrait von Francesca von Aricia ist ebenfalls ungemein schön
gemalt, lässt indess auch hier noch das Körperliche der Farbe erkennen.
Von L. Robert das Bild einer trauernden Mutter auf den Trümmern
ihres Hauses. Es hat alle Hoheit und Schönheit des Meisters, ist aber
doch ein wenig auf Präsentation berechnet. Die Trümmer des Hauses
nehmen einen zu breiten Raum ein; das Ganze ist dem Leben nicht naiv
genug abgelauscht. Beiläufig erkennt man darin auch noch eine Nach-
wirkung der Färbung der Schule David's.
Ylfon Schnetz das Weib eines Ränbers; vortrefflich und energisch
ema t.
g Von Bonnefond das Bild der Pilgerin, die vor der Klosterpforte
ohnmächtig hingesunken; in Gomposition, wie in Farbe und Ton, ansser-
ordentlich schön und von glücklichster Haltung.
Neuere Bilder in Kirchen.
In St. Roch zwei grusse Bilder von Schnetz, im Chor einander
gegenüber aufgestellt. Auf jedem italienische Volksgruppen, in religiöser
Handlung. Hier das naturalistische Princip dieses Künstlers edel. würdig
und in gehaltener Weise entwickelt.
In der Madeleine Wandmalereien , welche oben an den Seitenwän-
den die Lünetten unter dem Gewölbe ausfüllen, in einer, für das Ange des
Beschauers wenig günstigen Höhe. Am Besten schienen mir die Marieen
am Grabe, von Cogniet, ein Bild von malerischer Grösse und Wirkung;
und der Tod der Maria Magdalena, von Signol, ein in ernsterer Stylistik
durchgeführtes Bild. Das Gemälde in der Absiskuppel von Ziegler: eine
himmlische Glorie mit der Maria Magdalena, der Vorgrund gefüllt mit
den Repräsentanten der Menschheit, darunter die Fürsten Frankreichs und
selbst Napoleon mit dem Papste (in Bezug auf das Concordat). Die Ge-
stalten des Vorgrundes naturalistisch tüchtig, wenn auch nicht von erha-
bener Wirkung; die Glorie matt.
In St. Mery drei Seitenkapellen des Chores, theils in Wachs-, theils
in Oelfarben ausgemalt. Erste Kapelle, von Lchmann gemalt, Haupt-