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Kunstreise
Jahr
1845.
grund, vortrefflich. Judith und Holofernes (1831). Der Ausdruck der
Köpfe viel schöner als im Stich; beide in ihrer Art wundervoll. Das
Hauptinteresse des Bildes beruht in dieser Physiognouiik; die Action an
sich ist nicht gross. Die Malerei im Ganzen höchst trefflich; nur wieder
die unschönen schwärzlichen Tinten im Helldunkel; auch der rothe Bett-
vorhang im Ton etwas schwer. Raphael und Michelangelo im Vatikan,
indem jener, nach einer jungen Bäuerin, das Motiv zu seiner Madonna
della sedia entwirft (1833). Meisterhaft, in dagnerrotypartiger Lebendig-
keit gemacht. Aber so viel Schönes das Bild hat, so zart es im Einzelnen,
besonders in der jungen Mutter, gemalt ist, so fehlt, in der Auffassung
wie in der malerischen Haltung, doch die eigentliche Grösse. Es ist nicht
ein wahrhaft erhöhtes Dasein, in welchem diese Männer des Genies uns
hier gegenübergeführt sind.
A. Scheffe r. Suliotische Frauen, im Begriff, sich in das Meer zu
stürzen. Grosses Bild, vortreffliches Machwerk, doch ohne wahrc Haltung;
der Vorgang nicht völlig deutlich, die Behandlung im Ganzen dekorations-
massig.
Henri Schaffe r. Charlotte Corday (1831); ansprechend und von
reinem Gefühle.
Biard. Wandernde Komödianten (1833). Bunt, nicht sonderlich er-
freulich; ohne die eigentlich malerische Lust.
Robert Fleury. Scene der Bartholomäxisnacht (1833). In sehr ener-
gischem Naturalismus.
Monvoisin. Die wahnsinnige Johanna. von Castilien (1834). Ein ver-
riicktes Bild, ob auch im Einzelnen gut gemalt und der junge Karl V_
vortrefflich.
Boulanger. Römische Procession (1837); eine in kräftig naturalisti-
scher Weise behandelte Tapete.
Philippoteaux. Ludwig XV. auf dem Schlachtfelde von Fontenay
(1840). Mittelgross, von bedeutender und ergreifender Wirkung. Gran-
sige Mordnaeht; der junge König und sein prächtiges Gefolge mit Fackeln,
lngres. Aus sehr früher Zeit: Ruggier auf dem Greifen, die Angelika
befreiend (1819), ein kalt romantisches Studium, nicht unähnlich, wie
dergleichen zur selben Zeit auch bei uns vorgekommen. Ans jüngster
Zeit: Christus, der an Petrus die Schlüssel giebt; und Cherubini (Bild-
nisstignr), von der Muse gekrönt. Hier der sehr talentvolle, gelehrte, kalte
und einseitige Stylist," bei dem man immer wieder auf den Vergleich mit
Poussin zurückkehrt. Alles durchaus ohne den Hauch des Helldnnkels.
Signol. Die angeklagte Ehebrecherin (1840). Durch ein bedeutendes
stylistisches Streben ebensosehr, wie durch starkes Pathos bemerkenswerth.
Leloir. Homer (1841). Ebenfalls in stylistischer Richtung. Das um
den Sänger versammelte Volk mit anmuthig idyllischem Sinne vorge-
führt; doch ohne grosses Naturgefühl.
Pilliard. Die ohumächtige Maria (1843). Wiederum ein talentvoll
stylistisches Streben, aber noch kalt.
Duval -le- Camus. Die Erstlinge der Erndte (1844); ein reizende:
Genrebild.