Reisenotizen.
Antwerpen.
Paris.
517
monument des im Septemberkampfe gefallenen Grafen F. v. Merode, i_n Ste,
Gudule. Er ist in der nationalen Blouse dargestellt, liegend, auf den einen
Arm gestützt und die Pistole noch in der Hand. Das Werk hat lebhafte
moderne Sympathieen erweckt, wollte mich aber wiederum sehr wenig
anmuthen. Die Figur liegt nicht naiv. Die Blouse, die ein so äusserst
glückliches Motiv für künstlerische Darstellung geben konnte, ist kleinlich,
nicht einmal wahrhaft naturalistisch behandelt; und wieder ist jenes un-
selige Testimonium paupertatis, der herabfallende Mantel mit Pelzkragen
auf der linken Schulter, nicht zu vermeiden gewesen.
Im Atelier von Geefs endlich sah ich einige Portraitbüsten von feiner
naturalistischer Ausführung, nur wieder ohne den rechten Styl; einige
sentimentale allegorische Figuren; und die ansprechende Gruppe einer
Genoveva, die das Kind auf dem Sehoosse hält, während sich die Hirsch-
knh seitwärts um sie herumschmiegt. Bei dieser wohl componirten Arbeit
macht sich das dem Künstler eigne zarte Naturgefühl glücklich geltend.
Das Denkmal des Rubens von dem Brüsseler Geefs, Bronzestatue, zu
den besten Arbeiten dieses Künstlers gehörig. Eine volle, kräftige, männ-
liche Gestalt, die sich in dem knappen und doch eleganten Kostüm, wel-
ches keine conventionellen Falten gestattete und keinen Nothbehelf zuliess,
gut ausnimmt. Das Kostüm wieder mit feinem Natursinn behandelt. Die
Auffassung in statuarischer Beziehung freilich ebenfalls nicht von grosser
Bedeutung, auch ein wenig theatralisch, wenigstens in der etwas dekla-
mirenden Rechten, für deren Bewegung kein sonderliches Motiv ersicht-
lich wird.
Einige Sculpturarbeiten, abweichend von den sonstigen Strebungen
der neueren belgischen Kunst, neigen sich mehr der Romantik des frühe-
ren Mittelalters zu. Dahin gehört eine Marmorstatue der heiligen Philu-
meua, auf dem Drachen stehend, von dem jüngeren Geefs. Sie hat
das Verdienst einer wirksamen, edel romantischen Auffassung, auch einer
mehr stylistischen Behandlung. Nur der Obertheil der Figur erschien mir
nicht ganz kräftig. Sodann die neuen Chorstühle der Kathedrale, von
Geerts in einem vortrefflichen gothischen Style gearbeitet. Die Statuetten
und Reliefs sind durchaus im Charakter und mit prächtiger Handhabung
der Technik ausgeführt. Nur freilich fühlt man es doch durch, dass die
alterthümliche Behandlnngsweise angelernt ist und nicht eben frei aus dem
Innern kommt.
Von einem Häuserbau, 'in welchem das innere häusliche Leben und
Behagen dem Aeusseren sein Gepräge aufdrückt, in welchem sich also
eine Kunstform, wenn auch einfachster Art, entwickelt, ist im Ganzen