Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Kunstreise 
Jahr 
1845. 
historischen Bilder von de Keyser und Wappers, die, wie es scheint, 
die Bestimmung haben, den beiden ebengenannten sich als Seitenstücke 
anzuschliessen. (Die Aufstellung ebenfalls provisorisch, sogar der Art, dass 
sie unmittelbar den Fussboden der Halle berühren und für das Bild von 
Wappers nicht einmal der Raum zum Rahmen vorhanden war.) Beide 
Werke nicht ohne eigenthümliche Verdienste, doch sowohl dem von 
(iallait als auch dem von de Biefve entschieden nachstehend. Von de 
Keyser das Bild der Schlacht von Woringen; wirksam durch einfach 
klare Composition, allgemeine Haltung, energische Palette; dennoch der 
Eindruck desselben nicht erfreulich. Die Geberdungen nicht gross und 
nicht entschieden, die Charakteristik mangelhaft. die Gesichtsbildtlngen 
manierirt, die Farbe conventionell, besonders in der Carnation.  Von 
Wappers eine Scene aus der Septemberrevolution: Verwundete werden 
gebracht, der Entschluss zum letzten Widerstande gefasst. Die Composi- 
tion ist zusammengedrängt, in Ausdruck und in Farbe eine entschiedene 
Energie. Aber Beides ist wiederum manierirt (wenn auch in der Farbe 
weniger als bei de Keyser), die Gesammthaltung mangelhaft, die Wir- 
knng zum Theil sehr theatralisch. Störend ist es besonders auch, dass 
bei dem Zusammendrängen der Gruppen doch keine eigentliche Gesammt- 
handlung, kein die Massen bewegender Gesammtzug ersichtlich wird. 
Gallaifs Haus und Atelier, gebaut von Cluysenaer. Die WOhn- 
räume liegen nach der Strasse zu, das grosse, behaglich und elegant ein- 
gerichtete Atelier in ihrem Rücken; zwischen beiden ein kleiner Verbin- 
dungsbau von überaus zierlicher Einrichtung. Die Hausthilr führt zunächst 
in einen Corridor, der die Wohnräume zur Linken hat; zur Rechten eine 
Glaswand zwischen Säulen. Auf die Glaswand hat Gallait die Bildnisse 
berühmter Maler gemalt, doch nur als Silhouetten von braunrother Farbe, 
mit wenig schwarzer Zeichnung. Aus dem Corridor tritt man in ein klei- 
nes Entree; aus diesem in ein- dunkel gehaltenes Kabinet mit reicher Boi- 
serie im Renaissancestyl; aus dem Kabinet in das Atelier. Zwei andre 
kleine Räume dienen zur unmittelbaren Verbindung der Wohnung mit dem 
Atelier; diese empfangen ihr Licht von oben. In der Tiefe jenes dunkeln 
Caloinets ist eine Nische und in dieser ein Fenster, durch welches man in 
den einen jener kleinen Räume hineinblickt; der letztere ist mit Malereien 
im pompejanischen Style, auf weissem Grunde, verziert. Der Durchblick 
ist von überaus reizender malerischer Wirkung. 
Im Atelier sah ich das Portrait des Ministers de Theux, ein Werk 
der meisterhaftesten künstlerischen Virtuosität. Es ist eine Knieiigur, 
stehend, zur Seite eines Schreibtisches. Die Umgebung der Figur- Vor- 
hang, Teppichgrund, Stuhl  ist roth, in verschieden abgestuften Tönen 
und in gedicgcnster Harmonie; das blaugestreifte Ordensband auf der Brust 
des Ministers ist dabei von leuchtender Wirkung. Der Kopf ist vortreff- 
lich gemalt und leidet an sich durch die rothe Umgebung in keiner Weise_ 
Aber bei aller Meisterschaft ist das Bild doch nicht, wie es sein sollte; 
die frappante virtuosische Totalwirkung ist doch eben die Hauptsache, 
und das Auge des Beschauers wird doch viel mehr durch sie, als durch 
den Kopf des Dargestellten in Anspruch genommen.  Von der Abdan- 
kung Karls V. hingen die treftllichen grossen Detailstudien im Atelier,
	        
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