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Kritiken,
B erichte,
Erörterungen.
etwa "bei den einzelnen Persönlichkeiten auf, ohne eben die gesonderten
Theile des Buches zu unterscheiden), während hinter dieser Schaar Ein Fei-
ger sich verbirgt, vielleicht nicht der Verfasser des zweiten Schreibens.
Die Brochüre, zum Theil bereits im Jahre 1830, zum Theil beträcht-
lich früher abgefasst, erscheint, unbegreitlicher Weise, erst jetzt; begreif-
licher Weise vielleicht, wenn man bedenkt, dass Hr. Sehorn erst kürzlich
zu einer höhern Wirksamkeit nach Weimar berufen wurde, dass diese
Schmähschrift vielleicht die Absicht hat, ihm dort einen üblen Willkomm
zu bereiten. Seltsam! und in verschiedenen Anmerkungen nennt sich ein
besondrer anonymer "Herausgeber", der sogar, in der Anmerkung zu
S. 40, ganz ausser dem Zusammenhange, auf das Berliner Kunstwesen
zu sprechen kommt und aus der Brochüre: „Des Herrn Direktors Dr.
Waagen Bildertaufe und Aufstellung der Gemälde im Königl.
Museum in Berlin" eine grosse Stelle mittheilt.
Wir überlassen dem Leser die weiteren Verrnuthungen und Schlussfolgen.
Lithographie.
(Museum
183a,
Von Hildcbrand's lilährchenerzählerin, welche jüngst, sammt
einer beträchtlichen Anzahl Lithographieen nach diesem Bilde, im Kunst-
Verein für die Rheinlande und Westphalen verlßoßt Würden ist, liegt S0
eben eine der Lithographieen vor uns; die Zeichnung auf Stein ist von
J. Becker, Druck und Verlag der iithographischen Anstalt von F- C- Vogel
in Frankfurt a. M. Wir hoffen. dass dieses treffliche und anmuthige Blatt
bald im Handel und in den Händen des grösseren Publikums sein wird.
Hildebrand befolgt, seit er von dem tragischen Kothurn herabgestiegen,
eine so eigenthümliche Richtung und diese mit solchem Glück, dass keiner
der früheren Meister mit ihm, was eben den Inhalt seiner Darstellungen
betrifft, verglichen werden könnte. Wollte man seine Bilder mit dem
schlechten Wort "Genre" bezeichnen, so ist mindestens ein neues, und
zwar das wesentlichste Element darin, welches den frühern Genrebildern
fehlt: die deutche Innigkeit und Gemüthlichkeit, die gleich weit entfernt
ist von modischer Sentimentalität, wie von holländischer Beschränktheit,
von englischer Phantasterei oder französischer Coquctterie. Hildcbrands
gesunde, meisterliche Technik, vornehmlich im Colorit, ist bekannt. Ueber-
aus anziehend ist die Composition des vorliegenden Blattes: Das Zimmer
der Grossmutter, auf altväterische Weise geschmückt; zur Seite ein Kamin
im bizarren Style des siebzehnten Jahrhunderts, auf dessen Gggims Krüge,
Flaschen, eine Lampe, welche das Zimmer erhellt. Daneben, auf einem
Stuhl mit seltsam geschnitzter Lehne, die Alte, die eben zu einem ent-
scheidenden Moment ihrer Erzählung gekommen ist; man sieht es ihren
Geberden, ihrer Gestikulation an, wie jetzt etwa der Oger immer näher
und näher an den Versteck des kleinen Dänmlings kommt und sein: "Ich
wittre Menschenfleisch" immer bedenklicher brummt. Der Knabe, der Zu
ihrer einen Seite auf einem Stiihlchcn sitzt und auf dessen Rücken das