Von der Universität die Bronzestatue Gretry's von Geefs. In Escar-
pins, Strümpfen und Pelzrock bis an's Knie, der sich rechts ziemlich will-
kürlich zur Seite schlägt. Ganz ohne allen Styl und alle grosse Wirkung:
eine unbedeutende Portraitstatuette im grossen Maassstabe. Das Detail
indess, wenigstens an den Kleidungsstücken, mit genauer naturalistischer
Beobachtung, z. B. in Betreff des Bruches und der Ausgänge der Falten.
Cour de cassation, im Palais de justice. Hier die beiden berühm-
ten Bilder von Gayllait und de Biefve die Abdankung KarPs V. und
der Cornpromiss der niederländischen Edeln in ausgezeichnet schöner,
von der Decke herabfallender Beleuchtung, an den Langwänden einan-
der gegenüber aufgestellt. (Diese Aufstellung aber, wie mir gesagt wurde,
nur provisorisch.) Gallaifs Bild ist hier erst völlig seinem Verdienste
nach zu würdigen. Die Hoheit und Schönheit desselben war mir keines-
wegs, wohl durch die tadelndcn Bemerkungen der deutschen Gegner mit
veranlasst, so fest im Gedäcbtniss geblieben. Allerdings darf man Einiges
all dem Bilde fadßln, den nicht völlig klaren perspektivischen Aufbau
und die Unbestimmtheit des Raumes hinter dem Sessel des Kaisers (inner-
halb des nach hinten, wie nach den Seiten herabhängenden Teppichs),
indem der Raum sich an der einen Seite bedeutend zu vertiefen scheint;
auch den Umstand, dass das rechte Bein Oraniens, das Standbein, durch
den knieenden Philipp zu sehr verdeckt wird. Indess sind dies entschie-
den untergeordnete Mängel, die sich nur bei besonderem kritischem _Ein-
gehen bemerklich machen und die gegen die durchaus schöne Totalwir-
kung des Bildes ganz verschwinden. In der That ist hier die lebendigste
und zugleich naivste dramatische Wirkung mit grossartig historischer Auf-
fassung und mit einer malerischen Haltung verschmolzen, die nur bei den
grössten, namentlich italienischen Meistern gefunden wird. Hier ist ächte
künstlerische Naturwahrheit und äehter künstlerischer Styl. Die Farbe iSt
wundervoll und auf keine Weise conventionell; auch viel mehr, obgleich
ohne irgendwelche spezielle Nachahmung, italienisch (venetianisch) als
etwa niederländisch, welches Letztere bei der fast subjectivcn rubensischell
Palette immer bedenklich bleiben muss. S0 schön und gross das Ganze,
ebenso jede einzelne Figur, jeder einzelne Kopf. Das Bild erhebt sich
weit über die heutige belgische Schule. Das Bild von de Biefve hat
diese seltenen Vorzüge nicht. Auch hier zwar ist durchweg schöne, reine
Naivetät, im Einzelnen ebenfalls vollendete Meisterschaft. Auch die Com-
position hat viel Glückliches, doch sind die Gruppen des Vorgrundes zu
zerstreut. Vor Allem aber fehlt die grosse malerische Gesammthaltung,
SOW0h1 in der Farbe an sich, als im Helldunkel. Die Gruppen des Vor-
grundes drücken auf die des Mittelgrundes.
Palais de la nalion. Im Vestibule desselben die beiden grossen
Kugler, Kleine Schriften. lll. 33