Reisenotizen.
Frankfurt
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möchte. Sie erreicht in ihrem engen Kreise mehr als manche grosse
Staatsanstalt mit ungleich grösseren Mitteln und Kräften durchzuführen
weiss. Namentlich hat die Kunstsammlung des Instituts eine vortreffliche
und zugleich sehr gefällige Einrichtung; sie ist keineswegs besonders
ausgedehnt, aber in charakteristischer Weise mit mehr oder weniger guten
Beispielen für die verschiedenen Ilauptepochen der Kunstgeschichte ver-
sehen, Abgüsseu von Antiken, Ilamlzeichnuugen, älteren und 1191161611
Gemälden. Die in den l-lauptsälen der Sammlung angewandte Beleuch-
tung von oben bringt die schönste Totalwirkung hervor; sie ist durchaus
nachahmungswürdig.
Hier sah ich Lessings Huss (auf dem Concil von Constanz) wieder,
ungleich besser beleuchtet und besser überschaulich, als ich das Bild auf
der Berliner Ausstellung gesehen hatte; aber um so mehr auch traten mit
die Schwächen des Werkes gegen dessen so bedeutende Vorzüge, wie
gegen Lessings künstlerische Grössc überhaupt, ich wahrlich nicht blind
bin entgegen. Es fehlt der Farbe, dem Ton das eigentliche Mark, und
noch mehr fehlt es an Luft und Helldunkel; die Gestalten erscheinen flach,
die hinteren fast wie ausgeschnitten und auf den Grund aufgelegt. Das
Bild könnte höchst vortrefflich sein und ist in seinem innersten Wesen doch
nicht eigentlich künstlerisch; es ist sehr geistreich gedacht, fein gefühlt
und für das Einzelne eine anziehend schöne Darstellungsform genommen,
aber es ist wenigstens in seiner Totalität nicht geschaut. Es giebt
keinen grösseren Gegensatz, als dies Bild im Verhältniss zu Werken des
Paul Veronese, dessen Richtung es doch, seiner ganzen äusseren Anlage
nach, entsprechend sein müsste.
Overbeck's grosses symbolisches Bild nder Triumph der Religion
in den Künsten" ist unter den Gemälden altdeutseher Schule aufge-
hängt, mit denen es in Ton und Künstlermaass sehr wohl übereinstimmt.
In dem Bilde ist viel mehr innere Einheit, als z. B. im Huss; Overbeck
will nur symbolisiren und wählt dazu ein charakteristisch conventionelles
Schema, ohne Anspruch auf die höhere 'l'otalität der Natur. Dazu kommt
sein schöner Linearsinn, der sich hier immer noch erfreulich kund giebt,
und das sehr ruhige Maass der Farbe. Freilich ist Vieles auch ungenü-
gend, zu äusserlich couventionell im Farbenton, zu matt in der Bewegung,
zu nüchtern im Gedanken; doch bleibt es immer nur Einzelnes im Gegen-
satz gegen das bedeutsame Ganze.
Ph. Veit's Freskobild ndie Einführung der Künste in Deutschland
durch das Christenthum" ist in der Farbe matt und verschossen; es
scheint auch nicht mit der naiven Symbolik erfunden, wie Overbecks
Bild. Die Cartons von Schnorr zu seinen Fresken in der Villa lldas-
simi zu Rom, mit Darstellungen aus dem rasenden Roland, sind höChSt
interessant und für den Beginn der romantischen Richtung unsrer Kunst
sehr bezeichnend. Sie haben noch ganz die schöne jugendlich naive Gra-
zie, der man diesen oder jenen Mangel gern. vergiebt, weil noch so _viel
Hoffnung darin ist. Von Steinle sind die farbigen _Cart0nS Zll 88111611
ltresken in der Kapelle von Schloss Rheineck am Rhein,_ Darstellungen,
die auf die Bergpredigt Bezug haben, vorhanden. Hier ist die liebens-
würdige Eigenthümlichkeit des Künstlers sehr anziehend, eben weil sie
ftritt.
ganzäääpzillcylnääraldie Nischen des Römersaales bestimmten Kaiserbil-
dem sah ich den grösseren Theil in Nebenräumen aufgestellt. Ich fand