Ueber akademische
Goncurrenzßu.
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geringfügige Früchte getragen, und zugleich hat es ein eignes Missgeschick
gewollt, dass die wenigen besten unter unsern Concurrenten entweder früh
verstorben oder im.Auslande ansässig geblieben sind.
Wir haben die Einrichtung der Concurrenzen aus Frankreich über-
kommen; aber sie steht dort, so wenig sie in ihrem innersten Princip auch
unter den besten Verhältnissen mit dem wahren Kunstgefühl vereinbar ist,
doch in Beziehungen zum Leben und zur Kunstbildung, die so ganz an-
ders sind als bei uns und die Sache wenigstens ungleich milder erscheinen
lassen. Von Hause aus ist der Franzose weit mehr zur äussern Repräsen-
tation, zur äussern Geltendmachung seiner Wirksamkeit geneigt, und es
wird ihm dies auch so viel leichter, weil seine Production weit weniger
aus der Tiefe der Empfindung als aus einem gewissen verstandesmässigen
Calcül hervorgeht. (Die französische Kuusgeschichte beweist dies hinläng-
lich; N. Poussin und Ingres, deren Werke nur allzusehr das Gepräge
dieses Calcüls tragen, werden dort vorzugsweise als die Meister tiefer
Conception verehrt.) Dazu kommt dann die Leidenschaft des Ehrgeizes,
die das Leben in Frankreich zum steten Wettkampfe macht. Daher denn
schon in den Schulen von früh an jene Wettkämpfe, jene Concurrenzen,
die sich in der Ecole des beaux-arts zur Unzahl steigern und denen sich
endlich die grossen Concurrenzen der Acadenlie nur als naturgemässe
Folge anschliessen. Der französische Künstler, der in die letzteren ein-
tritt, findet sich eigentlich in ganz gewohntem Elemente; er weiss der
Production mit Bequemlickeit zu gebieten, während der Deutsche in glei-
chem Fall auf tausend offenbar-e und ungekannte Klippen stossen muss, die
ihm die innere Frcudigkeit verderben." Wir müssten bei uns eine ähnliche
Stufenfolge von Concurrenzen einrichten, was doch seine sehr gründlichen
Bedenken haben _würde, wir müssten geradehin auf eine Umwandlung
ullsefs elgenthümlichen Volkscharakters hinarbeiten, wenn die grossen aka-
demischen Concurrenzen bei uns zu derselben Bedeutung gelangen sollten
wie in Frtlllkrßißh. Und dennoch haben sich einsichtige Künstler in
Paris gegen mich nicht minder überzeugt über die Mängel dieses gesamm-
(er) Concurrenzwesens auch im dortigen Kunst-Interesse ausgesprochen.
Bei der umfassenderen Gestalt, welche dem Kunstunterricht an der hie-
sigen Akademie zu geben wäre, namentlich bei der Einrichtung von aka-
demischen Ateliers, und unter der Voraussetzung einer allerdings sehr
genauen Beobachtung des Studienganges der Schüler der Akademie würde
es aber des Mittels der Concurrenz gar nicht bedürfen, um die würdigsten
und tüchtigsten unter den Schülern kennen zu lernen; im Gegentheil würde
man hiebei ganz von selbst zu einem ltngleieh sichreren und richtigeren
Urtheile gelangen und von allem Zufälligen der einzelnen Leistung absehen
können. Ebenso würde man die zu gewährendc Belohnung oder Förde-
rung mit vollkommener Rücksicht auf die Individualität jedes Einzelnen
abmesscn können. Solcher Förderungen bieten sich verschiedene dar.
Zunächst ist für diesen Bchuf die Hinzuziehung ausgezeichneter Schüler
zur Ausführung öffentlicher Arbeiten (unter Augen des Meisters) in Vor-
schlag gebracht worden, was ohne Zweifel je nach der vorkommenden
Gelegenheit schon sehr nützlich wirken und wenigstens eine schöne
Vorbereitung zu künftiger Selbständigkeit sein würde. Sodann erlaube
ich mir, auf einen früheren Vorschlag zurückzukommen: solche Schüler,
die ihre Studien auf eine vorzügliche Weise absolvirt haben, durch die
[lebcrtragung irgend eines Werkes für öffentliche Zwecke zu belohnen und