Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

Ueber akademische 
Goncurrenzßu. 
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geringfügige Früchte getragen, und zugleich hat es ein eignes Missgeschick 
gewollt, dass die wenigen besten unter unsern Concurrenten entweder früh 
verstorben oder im.Auslande ansässig geblieben sind. 
Wir haben die Einrichtung der Concurrenzen aus Frankreich über- 
kommen; aber sie steht dort, so wenig sie in ihrem innersten Princip auch 
unter den besten Verhältnissen mit dem wahren Kunstgefühl vereinbar ist, 
doch in Beziehungen zum Leben und zur Kunstbildung, die so ganz an- 
ders sind als bei uns und die Sache wenigstens ungleich milder erscheinen 
lassen. Von Hause aus ist der Franzose weit mehr zur äussern Repräsen- 
tation, zur äussern Geltendmachung seiner Wirksamkeit geneigt, und es 
wird ihm dies auch so viel leichter, weil seine Production weit weniger 
aus der Tiefe der Empfindung als aus einem gewissen verstandesmässigen 
Calcül hervorgeht. (Die französische Kuusgeschichte beweist dies hinläng- 
lich; N. Poussin und Ingres, deren Werke nur allzusehr das Gepräge 
dieses Calcüls tragen, werden dort vorzugsweise als die Meister tiefer 
Conception verehrt.) Dazu kommt dann die Leidenschaft des Ehrgeizes, 
die das Leben in Frankreich zum steten Wettkampfe macht. Daher denn 
schon in den Schulen von früh an jene Wettkämpfe, jene Concurrenzen, 
die sich in der Ecole des beaux-arts zur Unzahl steigern und denen sich 
endlich die grossen Concurrenzen der Acadenlie nur als naturgemässe 
Folge anschliessen. Der französische Künstler, der in die letzteren ein- 
tritt, findet sich eigentlich in ganz gewohntem Elemente; er weiss der 
Production mit Bequemlickeit zu gebieten, während der Deutsche in glei- 
chem Fall auf tausend offenbar-e und ungekannte Klippen stossen muss, die 
ihm die innere Frcudigkeit verderben." Wir müssten bei uns eine ähnliche 
Stufenfolge von Concurrenzen einrichten, was doch seine sehr gründlichen 
Bedenken haben _würde, wir müssten geradehin auf eine Umwandlung 
ullsefs elgenthümlichen Volkscharakters hinarbeiten, wenn die grossen aka- 
demischen Concurrenzen bei uns zu derselben Bedeutung gelangen sollten 
wie in Frtlllkrßißh. Und dennoch haben sich einsichtige Künstler in 
Paris gegen mich nicht minder überzeugt über die Mängel dieses gesamm- 
(er) Concurrenzwesens auch im dortigen Kunst-Interesse ausgesprochen. 
Bei der umfassenderen Gestalt, welche dem Kunstunterricht an der hie- 
sigen Akademie zu geben wäre, namentlich bei der Einrichtung von aka- 
demischen Ateliers, und unter der Voraussetzung einer allerdings sehr 
genauen Beobachtung des Studienganges der Schüler der Akademie würde 
es aber des Mittels der Concurrenz gar nicht bedürfen, um die würdigsten 
und tüchtigsten unter den Schülern kennen zu lernen; im Gegentheil würde 
man hiebei ganz von selbst zu einem ltngleieh sichreren und richtigeren 
Urtheile gelangen und von allem Zufälligen der einzelnen Leistung absehen 
können. Ebenso würde man die zu gewährendc Belohnung oder Förde- 
rung mit vollkommener Rücksicht auf die Individualität jedes Einzelnen 
abmesscn können. Solcher Förderungen bieten sich verschiedene dar. 
Zunächst ist für diesen Bchuf die Hinzuziehung ausgezeichneter Schüler 
zur Ausführung öffentlicher Arbeiten (unter Augen des Meisters) in Vor- 
schlag gebracht worden, was ohne Zweifel  je nach der vorkommenden 
Gelegenheit  schon sehr nützlich wirken und wenigstens eine schöne 
Vorbereitung zu künftiger Selbständigkeit sein würde. Sodann erlaube 
ich mir, auf einen früheren Vorschlag zurückzukommen: solche Schüler, 
die ihre Studien auf eine vorzügliche Weise absolvirt haben, durch die 
[lebcrtragung irgend eines Werkes für öffentliche Zwecke zu belohnen und
	        
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