Ueber
die Richtung
Bayern.
Kunst in
der
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probt, namentlich um ihr bei monumentalen Werken eine möglichst 1m-
zerstörbare Bescbalienheit geben zu können; neben der Frescomalerei hat
man verschiedene Gattungen der Wachsmalerei geübt; die Technik der
antiken iWandmalerei ist durch Schlotthauer, wenn auch nur erst in Pro-
ben, doch vollständig wieder aufgefunden; in der, ebenfalls von Schlott-
hauer erfundenen sogenannten Stereochromie besitzt man eine Gattung der
malerischen Technik, die, wie es scheint, allen Witterungseinflüssen trotzen
wird. Die Glasmalerei ist zu ausserordentlichen Erfolgen gediehen; die
Porzellanmalerei müht sich, neben jener sich ebenfalls als eine eigenthüm-
lich werthvolle Kunstgattung zu behaupten. Im Bronzeguss wird das Gross-
artigste mit bewundernswerther Kühnheit und Sicherheit geleistet; mit
ebenso grosser Sicherheit und Tüchtigkeit verfährt man in der Feuerver-
goldung kolossaler Bronzen. Für die architektonischen Unternehmungen
sind vielfache und zum Theil neue Hülfsmittel in Bewegung gesetzt; um
nur Eins abzuführen, so ist dort (wie freilich schon früher bei uns) die
Fabrikation der gebrannten Steine zu einer grossen, selbst für monumen-
tale Zwecke sehr wohl geeigneten Vollendung gebracht; u. s. w. Nach
allen Richtungen hin ist das Handwerk der Kunst hoch ausgebildet. Gleich-
wohl ist auch hiebei noch in Frage zu stellen, ob diese Erfolge auch
einen ähnlichen Aufschwung des eigentlichen und selbständigen Kunsthand-
Werkes zur Folge gehabt haben. Der Blick auf die Industrieläden von Mün-
chen schien mir dies, beim Wandeln durch die Strassen der Stadt, nicht
gerade in vorzüglichem Maasse zu bestätigen. Doch hat München, wenig-
stens von Hause aus, wohl nicht die Grundlage eines sonderlich bedeuten-
den industriellen Verkehrs.
Für die eigentliche künstlerische Ausbildung scheint durch jene grossen
monumentalen Ilnternehmungen ein weites Uebungsfeld dargeboten zu sein.
_Gew_1ss haben die dabei Betheiligten vielfache Gelegenheit gefunden, sich
m der kunstlerischen Behandlung der verschiedenartigsten Auftraben und
in der eben angedeuteten handwerklichen Praktik Fertigkeitenc aller Art
Zll eigen zu 1113011811. Doch ist hiebei naturgernäss die Tendenz der monu-
mentalen Kunst wiederum ausschliesslich vorherrschend gewesen und, wie
umfassend auch, doch eben nur das zu ihr Gchörige geübt worden; die
Oelmalerei namentlich ist hiebei so gut wie gar nicht zur Anwendung ge-
kommen. Die Meister der Malerei sind in den verschiedenen Lokalen, die
ihnen zur Ausschmückung angewiesen, beschäftigt gewesen, von verhält-
nissmässig wenigen Gehülfen umgeben; Unterricht-Ateliers haben sie nicht
eröffnen können. Man klagte mir sehr ernstlich, dass derjenige, der bei
diesen monumentalen Werken nicht hinzugezogen worden, der sich über-
haupt der monumentalen Malerei nicht habe widmen wollen, rücksichtlich
seiner künstlerischen Ausbildung zum grössern Theil sich selbst überlassen
gewesen sei; wenigstens für das, was der Stellung des Malers im allge-
meinen Lebensverkehr die erforderliche Sicherheit gebe, d. h. für die Be-
handlung der Oelfarbe, für die Zubereitung und Verwendung einer rich-
tigen Palette, sei bis jetzt in München fast gar keine Belehrung zu finden
gewesen.