Drei
EUS
Schreiben
Kunstschreiberei in
Segen
Rom
Deutschland.
wenn gemeine Schuster behaupten, dass nicht die Empfindung dessen, wel-
chen der Stiefel drückt, sondern nur ein Schuster über die Arbeit ent-
scheiden könne. Ucbrigens ist jenes gesammte erste Schreiben, obgleich
erst sieben Jahre alt, bereits veraltet. Der neue, jugendliche Aufschwung
der Kunst in unserm Norden, den freilich die in Rom, in den letzten
Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts Zurückgebliebenen nicht kennen
oder nicht. kennen wollen, hat andre Ansichten geweckt; und die vielen
Stimmen, die hier und dort über die Gegenstände der Kunst laut werden,
sind, wie viel Verkehrtes auch mit unterlaufe, immer ein erfreuliches
Zeichen allgemeinerer Theilnahme. Stellen jenes Schreibens, wie: ,die
Kunst hat sich aus dem öffentlichen in das Privat-Leben zurückgezogen",
oder; neine Zeit, wo die Kunst mehr einer exotischen Pflanze in einem
künstlichen Gewächshause, als einem üppigen, im freien Felde treibenden
Baum zu vergleichen ist" u. a. m., sind falsch geworden, und somit fallt
das Fundament jenes Schreibens, in Bezug auf die Gegenwart, schon von
selbst zusammen. Es ist nur zu bedauern, dass Künstler, die zu den
Ersten und am Höchsten Stehenden gehören, ihren Namen zur Unterzeich-
nung von Dingen hcrgcgeben, die sie nicht durchgelesen haben.
Das zweite Schreiben lautet: Sendschreiben an Dr. Schorn in
München von Joh. Ohr. Reinhart in Rom. Unterzeichnet: Rom,
den 26. Juni 1830. Herr Schorn hat im Kunstblatt 1829, N0. 96, ein
Bild von Herrn Reinhart beurtheilt, dasselbe im Ganzen gelobt, Einzelnes
gctadclt; Hr. Reinhart hat sich dadurch verletzt gefühlt und eine, 26 Seiten
lange Antikritik geschrieben, die von den ernpürendsten, pöbelhaftesten
Gemeinheiten wimmelt. Eine beigefügte (die auf dem Titel erwähnte)
Karikatur auf Hrn. Schorn ist so fad erfunden und so schlecht gezeichnet,
dass ein Freund, dem wir das Büchlein mitgetheilt und der die tüchtigen
Radirungen Reinharfs von landschaftlichen und Thier-Gegcnständen nicht
kannte, meinte, nur ein solcher Pfuscher könne sich zu so gemeinen Aus-
fällen erniedrigen. Hr. Schorn ist übrigens als unbefangener Forscher und
als Mann von Gesinnung zu allgemein anerkannt, als dass es nöihig wäre,
hier nur Ein Wort zu seiner etwanigen Vertheidigung auszusprechen. Wir
machen hiebei nur die gelegentliche Bemerkung, dass die allerdings anzu-
erkennende technische Kunstbildung, welche wir in Hrn. Reinharfs Ar-
beiten finden, noch gar verschieden ist von der inneren und wahren Bil-
dung, von derjenigen Würde des Charakters, welche des grossen und
eigentlichen Künstlers Eigeuthnrn ist.
Das dritte Schreiben: Sendschreiben an einen Kunst-Kritiker
in Dresden von Friedr. Rud. Meyer in Rom (Rom, den 11. De-
cember 1830) ist Ballast; es dient nur, dem Ganzen eine reichere Farbe
zu geben, und soll dasselbe scheinbar nach noch verschiedenen Seiten
hinüberspielen lassen.
Denn den eigentlichen Mittelpunkt der ganzen Brochüre bildet das Rein-
hartlsche Sendschreiben; das erste ist demselben, wie es in der Anmerkung
zu S. 46 ausdrücklich heisst, nur v orgedruckt. Auf solche Weise ist der
Schein gewüllllsn, als ob wesentlich für eine allgemeine Sache gefochten
würde, während es nur auf eine schlechte Privatrache abgesehen ist; als
ob die auf dem Titel zusammengestellten, zum Theil sehr ehrenwerthen
Namen Alle für Einen ständen, Alle gleichmässig Theil an jenen gegen
Schorn gerichteten Invectiven hätten (denn man liest den Titel und die
dort zusammengeschriebenen Namen, blättert ins Buch hinein und hält sich