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Kunstreise im
Jahr
1845,
Fragmente
eines
Beiseberichles.
Ueber die gegenwärtige Lage
Schule.
der Düsseldorfer
Die Akademie von Düsseldorf war die erste Anstalt, welche im
Gegensatz gegen das starre alt-akademische Wesen, wie dasselbe noch
gegenwärtig in strengster Consequenz von der Ecole des beaux-arts zu
Paris festgehalten wird, das lebenvolle, den grossen Zeiten früherer Kunst-
blüthe wie den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechende Princip eines
ateliermässigen Unterrichts, wo freie Communication zwischen dem Meister
und den Schülern stattfindet, aufstellte und zur Geltung brachte. Die
"Compositions-Klasse" der Akademie bildete den eigentlichen Kern des
Instituts; den vorbereitenden Klassen wurde eine Färbung gegeben, welche
den Schüler unwillkürlich auf solche Tendenz hinführte; bald schloss sich
in der sogenannten "Meister-Klasse" die schöne Einrichtung an, auch das
Beispiel der schon Ausgebildeten für die Anstalt zu erhalten und zwischen
ihnen selbst gegenseitige Mittheilung und Anregung fort und fort in leich-
testcr Weise möglich zu machen. Aeussere Umstände kamen der Durch-
führung dieses Princips in günstigster Weise zu statten; einmal der sehr
wichtige Umstand, dass die Anstalt fast vollständig als eine neue, durchaus
mit frischen, jugendlichen Kräften, ins Leben trat, auch, dass sie sich
nicht über viele und verschiedene Richtungen verbreitete, vielmehr sich
in einigen l-Iauptrichtungen concentriren durfte; dann die Persönlichkeit
eines Directors, der mit grösster Hingebung jeden ihm anvertrauten Keim
zu pflegen bemüht war, sowie das seltene Glück, dass gleich in die vor-
deren Reihen der Schüler eine Anzahl vortrefflichster Talente eintrat. Die
Resultate grenzten an das Wunderbare. Wer riefe sich nicht jenen begeg
sterten Enthusiasmus zurück, mit welchem das deutsche Publikum eine
Reihe von Jahren hindurch die stets schöneren Leistungen der Schule
aufnahm l
Das Letztere aber ist plötzlich anders geworden. An die Stelle des
leidenschaftlichen Beifalls ist eine sehr zweideutige Kühle, ist Missachtung
und ein oft gar bittrer Tadel getreten; nicht durch launenhafte Kritiker
veranlasst, wie man in Düsseldorf gern glauben möchte, vielmehr der Haupt-
sache nach aus der Masse des Publikums heraus, und den sehr einflussrei-
chen Theil des Publikums, welcher die Bilder kauft, nicht ausgeschlossen.
Hat man nur den allgemeinen künstlerischen Werth der Leistungen im
Auge, so ist es schwer zu sagen, woher eigentlich die auffallende Miss-
stimmung gekommen, worin der so durchgreifende Tadel besteht. Man-
ches ist wohl richtig, z. B. dass der Behandlung gelegentlich mehr Mark,
mehr Entschiedenheit, mehr sieghafte Fülle zu wünschen wäre; auch muss
man zugeben, dass in den Bildern der minder ausgezeichneten Künstler,