Ueber
den
Betrieb
der
monumentalen
Glasmalerei.
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führende Glasmaler muss seines Materials und der Verhältnisse desselben
beim Brennen ebenso vollständig Herr sein, wie für die Sphäre, in wel-
eher er thätig ist, eine absolut gediegene Kunstbildung besitzen; wonach
also, im Fall die [Fächer sich scheiden. der Figurenmaler als solcher und
nicht minder der Ornamentmaler als solcher sein Fach zu erfüllen im
Stande sein muss. Eine gediegene künstlerische Tüchtigkeit und Freiheit
ist hiebei aber um so mehr erforderlich, als die Ausführung, auch wenn
sie Copie ist, doch in energischer, mehr oder weniger breiter Weise be-
handelt werden muss, was kein nur mechanisch arbeitender Copist und
leider meint man nur zu häufig, dass zur Ausführung der Glasgemälde ein
solcher genüge erreichen kann. Der Componist, der etwa die Cartons
fertigt, muss aber ebenso nicht blos schalfcnder Künstler im Allgemeinen,
und zwar ein Künstler von demjenigen grossartigen Talente, das überall
für monumentale Zwecke erfordert wird, sondern er muss zugleich auch
im Stande sein, sich den sämmtlichen besonderenAnforderungen, welche sich
aus der Bestimmung und Technik dieses Faches schon für die Composition
ergeben, mit Leichtigkeit zu fügen. Dass der componirende Künstler,
wenn er nicht mit eigner Hand zur Ausführung schreitet, die letztere über-
wachen muss, dass überhaupt eine bis ins einzelnste Detail durchgeführte
künstlerische Oberleitung nöthig ist, dies habe ich wohl nicht näher dar-
zulegen. Die grösste Gediegenheit der Arbeit aber wird ohne Zweifel ein-
treten, wenn der componirende und die Oberleitung führende Künstler
sich zugleich selbst als Glasmaler zu bethätigen im Stande ist und nach
Erforderniss an die Ausführung selbst Hand anlegt. Ebenso wesentlich
ist schliesslich der Besitz eines Lokales mit denjenigen änsseren Einrich-
tungen, die das neue Gebäude der Glasmalereianstalt zu München bereits
in naehahmungswürdiger Weise besitzt.
Wer nicht ein einseitiger Verehrer der Kunst des Mittelalters ist, wird
es zugeben müssen, dass die wichtigeren Leistungen der heutigen monu-
mentalen Glasmalerei den Leistungen, die das Mittelalter in diesem Kunst-
fache hervorgebracht hat, schon ehrenvoll zur Seite stehen. Dürfen wir
aber überhaupt der heutigen Zeit vertrauen, dürfen wir es wozu wir
doch guten Grund haben voraussetzen, dass die heutige Kunst in fort-
schreitender Entwickelung begriffen ist, so haben wir auch von der monu-
mentalen Glasmalerei, nach so glücklichen neuen Anfängen, Erfolge zu
erwarten, die in früheren Zeiten nicht degewesen sind und die dies Kunst-
fach in einer wahrhaft. gediegenen Vollendung zeigen werden.