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Kunstreise im Jahr
1845.
chem der darunter befindliche Altar gewidmet ist; diese Gestalt erhebt
sich in bedeutender Grösse auf einem teppichartigen Grunde und ist von
einem breiten, mit kleinen figürlichen Darstellungen versehenen Ornament-
rahnien umgeben, welcher sich oberwärts im Halbkreise schliesst. (Für
die Eisenbänder, welche diesen Rahmen in Ermangelung andern Sprossen-
werks umgeben und festhalten, wäre nur was durch den Architekten
hätte geschehen müssen eine leichte architektonische Ausbildung Wün-
schenswerth gewesen.) Sämmtliche Glasbilder sind von dem Glasmaler-
Marechal in Metz gefertigt und zwar, was sehr hervorgehoben werden
muss, nicht etwa nach anderswoher gelieferten Cartons, sondern als sein
selbständiges künstlerisches Eigeuthum, sowohl der Idee und dem Ent-
wurfe als der gesammten technischen Ausführung nach. Sie haben im
Wesentlichen ein ächt künstlerisches, auf grossartig monumentale Wirkung
gerichtetes Gepräge, und da der Meister von vorn herein alle technischen
lärfortlernisse im Auge hatte, so realisirt sich dies künstlerische Element
zugleich auch in entschiedener, angemessener Form. Die Gestalten er-
scheinen in einfacher Würde, die eine schlichte Linienführung möglich
machte; die Zusammensetzung (die Verbleiung) ergiebt sich hiebei völlig
naturgemäss und ungezwungen; die malerische Bshandlung hat diejenige
kraftvolle Tüchtigkeit, welche des harmonischen Eindruckes wegen gefor-
dert werden muss. Im Einzelnen hatte ich bei diesen Arbeiten freilich
noch mancherlei auszusetzen. Besonders die Haltung der Farben ist dem
Künstler noch nicht durchweg gelungen; während z. B. das Roth schr-
kräftig und, wo es die vorherrschende Masse bildet, allerdings zum Vor-
theil der Gesammthaltung des einzelnen Gemäldes wirkt, erscheinen andere
Farben, wie durchweg das Blau, noch glasartig schwach und schwankend.
Der Teppichgrutid, überdies meist von schlechter Zeichnung des Orna-
ments, ist in der Regel zu bunt. im Nackten herrschen zu sehr braune
Töne vor; doch entwickelt sich in einzelnen Köpfen bereits eine warme,
individuelle, naturgemässe Färbung; der Ausdruck der Köpfe aber ist meist
vortrefflich, so tief empfunden, wie von allem Conventionellen frei. Ohne
dass ich sagen könnte, dass der Künstler in diesen Arbeiten das Auge-
strebte schon erreicht hätte, glaube ich doch, dass diese Richtung alle
Anerkennung verdient, ja dass sie allein es ist, die der monumentalen
Glasmalerei die Eigenschaft eines selbständigen Kunstfaches sichern kann.
Ich darf voraussetzen, dass ich hiemit die vorzüglichst wichtigen Er-
scheinungen der heutigen Glasmalerei berührt habe. Hervorstechende Be-
deutung besitzen unter diesen aber nur die königl. Glasmalereianstalt zu
München und die des Herrn Illarechal zu Metz. Die verschiedenartigen
Vorzüge beider weisen auf dasjenige hin, was überhaupt zum Betrieb der
Glasmalerei als eines monumentalen Kunstfaches erforderlich sein wird.
Die Bedürfnisse dieses Betriebes sondern sich itaturgemäss in diejeni-
gen, welche der technisch-materiellen, und in diejenigen, welche der
eigentlich künstlerischen Seite angehören; beide aber verlangen eine gleich-
mässige Berücksichtigung, falls überhaupt dauernde und geistig bedeutende
Erfolge errungen werden sollen. Die technisch-materiellen Bedürfnisse be-
treffen die gesammte Beschaffung der Gläser, der Farben und des Ein-
brennens; die künstlerischen die Composition und die Ausführung der-
selben auf den Glastafeln, bei welchen beiden Punkten vollkommene
Vertrautheit mit allen technischen Punkten unumgänglich ist. Der aus-