496
Kuustreise
im Jahr 1845.
Wenn in solcher Art bei kleinen Ausführungen manches Ansprechende
erreicht wurde, und wenn diese Richtung wohl geeignet war, für monu-
mentale Zwecke in grossartig wirksamer Weise ausgebildet zu werden, so
scheint dies letztere doch nicli geschehen zu sein. Wenigstens konnten mir
die dahin gehörigen Arbeiten, theils ausgeführte grössere Werke, theils
Skizzen zu solchen, die ich in der besonders geschätzten Anstalt der Fa-
milie Kellner zu Nürnberg sah, nicht genügen. Fand ich in diesen
auch, was ich sehr anerkennen musste. eine energischere Behandlungs-
weise und ein angemessneres Prinzip der Zusammensetzung als in den
Münchener Arbeiten, so fehlte dagegen die höhere künstlerische Durch-
bildung, S0W0h1 in den, zum Theil von den Gliedern der Familie selbst
entworfenen Compositionen als in der eigentlichen Ausführung derselben.
Im Münster zu Freiburg sah ich Arbeiten des dort ansässigen und
mehrfach mit Auszeichnung genannten Glasmalers Helmle. Die gelunge-
neren von diesen bestehen aus einer Reihenfolge kleiner Darstellungen in
den Fenstern zweier Seitenkapellen des Münsters, Kopien von Seenen der
von Dürer in Kupfer gestochenen Passion Christi. Hier kam es natürlich,
nächst dem allgemeinen künsterischen Verstäudniss der Originale, nur auf
die Herstellung einer harmonischen Farbenwirkung und auf eine möglichst
wenig störende Führung der Bleilinien an, was wenigstens theilweise er-
reicht war.
In Belgien erfreut sich der zu B rü ssel wohnhafte Glasmaler Capro n-
nier eines namhaften Rufes. Die Kathedrale (Ste. Gudule) hat einige Ar-
beiten seiner Werkstatt, die, nach verschiedenartigen Vorbildern ausge-
führt, selbst von höchst abweichender Beschaffenheit sind. Vier Fenster
im Chorumgange sind mit Glasgemälden nach Compositionen von Navez,
dem Direktor der Brüsseler Akademie, einem Künstler, der noch der alten
Davidlschen Richtung angehört, ausgefüllt. Die Compositionen sind thea-
tralisch atlektirt. die Ausführung unangenehm bunt. Besser sind die Fen-
ster einer Kapelle hinter dem Chore, in denen jedoch gar keine selbstän-
dige Eigenthümlichkeit sich geltend macht; sie wiederholen nämlich in
Anordnung und Behandlung ganz genau die Art und Weise der alten,
übrigens nicht mehr ganz stylgemässen Glasmalereien aus der Mitte des
löten Jahrhunderts, welche die Oberfenster des Chor-es der Kathedrale
ausfüllen.
Für die Glasmalerei in Frankreich sind zunächst die Arbeiten dieseg
Faches, welche die königl. Porzellanmanufaktui- zu Sevres liefert, von
Bedeutung. Ich sah einige dieser Arbeiten in der Anstalt selbst, andere
im Louvre. Es spricht sich in ihnen eine bemerkcnswerthe Eigenthüm-
lichkeit aus. obgleich auch sie den Anforderungen, die wenigstens an die
grösseren monumentalen Leistungen dieses Faches gemacht werden müssen,
nicht genügen. Die künstlerische Richtung, welche diesen Arbeiten zu
Grunde liegt und. durchgehend befolgt wird, ist die naturalistisch-male-
rische, wie dieselbe gegenwärtig überhaupt in der französischen Kunst
vorherrscht; man strebt nach malerischer Wirkung, nach malerisch ener-
gischer, voller Farbe, nach den Effekten des Hclldunkels u. s. w. Bis-
weilen erreicht man hier sehr anerkennungswerthe Erfolge, doch hat man
die Mittel noch keineswegs vollständig in seiner Gewalt, indem man z. B.,
um warme Töne hervorzubringen, nicht selten zu monoton gelben Farben
seine Zuflucht nimmt. Die ansprechendsten Arbeiten sind, übereinstim-
mend mit solcher Richtung, die auf einer Glastafel ausgeführten Bilder;