die
Der Entwurf für
Kirche in Brüssel.
neue grosse
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auch in Frankreich noch vor. I-Iittorff (aus Köln) ist nur bemüht, ihn
auf diereinere griechische Form zurückzuführen. Duban hat in dem
Palais des beauw-arts ein Werk geliefert, welches sich den anmuthigsten
Leistungen des italienischen Cinquecento würdig anreiht. Die Bewegung der
Zeit hat sich in der französischen Architektur im Allgemeinen nur in dem
Zurückgehen auf die sogenannte Renaissance, d. h. auf einen Styl, dem es
mehr um eine äusserlich phantastische Dekoration als um eine organische
Dnrchbildung zu thun ist, ausgesprochen; gelegentlich hat man sich dabei
auch dem kaum verlassenen Rococo wieder sehr befreundet erwiesen. Die
mittelalterlichen Systeme sind in Frankreich noch wenig zur Geltung ge-
kommen, obschon man bei der Restauration der mittelalterlichen Monu-
mente dort zuweilen mit einer ans Pedautische streifeuden Genauigkeit
verfährt. Nur eine kleine Partei setzt dem Eifer der classischen Archi-
tekten einen gleichen Eifer für die ausschliessliche Geltung der gothischen
Architektur, und Zwar des dreizehnten Jahrhunderts, entgegen. Dem by-
zantinischen Style ist in der kleinen eleganten Kapelle des h. Ferdinand
(ausserhalb Paris) nur vorübergehend ein flüchtiges Compliment gemacht.
Belgien war seither den französischen Fussstapfen gefolgt. Als die
bedeutendsten neueren Architekturen, die ich dort kennen lernte, erscheinen
mir die von Roelandt zu Gent, in denen man den geistvollen Schüler
von Percier und Fontaine erkennt. Sein Universitätspalast, sein Justiz-
palast sind imposante Werke in französisch-italienischem Style, während
er in dem dortigen Schauspielhause der bunt-phantastischen französischen
Renaissance huldigt. Gegenwärtig entsteht jedoch in Belgien, nach dem
Plane eines jüngeren Architekten, van Overstraeten-Roelairdt, ein
bedeutendes architektonisches Werk, welches auch hier wie in Deutsch-
land durch das Zurückgehen auf mittelalterliche Motive eine neue Bahn
eröifnet. Da dies Werk, sowohl durch die iiussercn Umstände, die den
Entwurf und die Annahme desselben begleiteten, als durch die Composi-
tiOU Selbst, für die belgische Kunst ohne Zweifel eine erhebliche- Bedeutung
gewinnen wird, und da es sich überhaupt den Entwickelungs-Momenten
der heutigen Architektur als ein wichtiger Punkt anreiht, so erlaube ich
mir hier einiges Nähere über dasselbe beizufügen.
Es ist eine Kirche, die in der Oberstadt von Brüssel erbaut wird,
Die Anmuth Brüssels und besonders die grossartige Schönheit des höher
gelegenen Stadtthciles, wo die lange Rue Royalc von der Place Royale ab.
an dem öffentlichen Park vorüber und die Boulevards durchschneidend, bis
zur hochgelegenen Place de la Reine hinläuft, ist bekannt; auf dem letzt-
genannten Platze, also am Ende der über 6000 Fuss langen Strasse, mit
dem Blick einerseits über die reiche Stadt, andrerseits nach den Bergen
und dem königlichen Schlosse von Lacken, soll die Kirche aufgeführt wer-
den, eine Krone für die ganze Stadt, ein Denkmal des belgischen National-
gefühls. Die Aufgabe war höchst interessant; der für die belgischen Ar-
chitekten ausgeschriebene Concurs hatte eine bedeutende Anzahl von Ent-
würfen zur Folge. Die Jury, welche über die letzteren entscheiden sollte,
Sprach sich einstimmig zu Gunsten des von Herrn van Overstraeten einge-
sandten Planes aus.
Die Kirche, der h. Jungfrau gewidmet, wird nach diesem Entwurf,
in einfach achteckiger Grundform, aber in sehr bedeutenden Maassen, etwa
230 Fuss hoch, erbaut. Die Mauern des Untergeschosses steigen bis zu
einer Höhe von 55 Fuss empor; dann beginnt, um 10 bis 11 Fuss zurück-