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Kunstreise
im
Jahr
1845.
allerdings zwar mit der Kunst verbündet. Jacques Louis David, der
Maler, einer ihrer eifrigsten Anhänger, dirigirte den theatralischen Pomp
der grossen Nationalfeste, aber das wilde Triebrad der Zeit konnte dem
eigentlich künstlerischen Schaffen nur wenig Musse lassen. David selbst
hat zwar einige Begebenheiten der Revolution gemalt, die jedoch in das
Versailler Museum nichtaufgenommen sind. Besonders rühmt man seine
Darstellung des Todes Marafs, der sich, nachdem er von Charlotte Corday
den tödlichen Stich empfangen, in der Badewanne verblutet; David soll
einer der ersten gewesen sein, die auf die Nachricht des Unerhörtcn sich
in MaraÜs Wohnung begeben, und soll sogleich an Ort und Stelle das Bild
concipirt haben. Auch den Schwur im Ballhause hat er in figurenrcicher
Darstellung gemalt; aber das Bild, das uns durch den Kupferstich bekannt
geworden, ist von einem so akademisch theatralischen Pathos erfüllt, dass
man deutlich sieht: hier hat der Künstler nicht nach dem Leben gemalt.
Eine Menge zumeist kleiner Bilder stellt kriegerische Begebenheiten
aus der Revolutionszeit dar. Ein Theil von ihnen besteht aus Tableaux,
landschaftlichen Karten oder Schlachtplänen fast vergleichbar, indem man
wie aus hoher Luft herab den Schauplatz des Vorganges überblickt. Mit
wundersam kühner Genialität ist in solcher Art ein grosses Gemälde von
Bagetti ausgeführt, in welchem man die ganze Alpenkette vor sich
sieht, jenseit die Lombardei mit ihren Seen und Flüssen, die Höhen der
Apenninen bis weit in das Herz Italiens hinab, adriatisches und mittel-
ländisches Meer zu beiden Seiten. Es soll den Marsch der französischen
Armee über die Alpen im Jahre 1800 erläutern. Andre Schlachtbilder
sind dagegen als Landschaften im gewöhnlichen Sinne gefasst, deren Statiage
durch das betreffende kriegerische Ereigniss gebildet wird. Künstlerische
Wärme ist in ihnen gerade nicht zu finden, doch haben sie etwas hülle-
tinartig Bezeichnendes. Der Vorgrutid enthält keine Hauptpersonen, da
der nivellirende Charakter der Zeit dergleichen nicht gern gesehen haben
würde.
Aber die bedeutenden Personen treten doch mehr und mehr wieder-
als die Seele der Thaten in den Vorgrund der Geschichte; bald absorbirt
die Person des ersten Consuls von Frankreich das anderweitige Interesse.
Der Bulletin-Charakter der Bilder geht in den Memoiren-Charakter über.
Es handelt sich wieder um portraitmässige Schilderung, um die Gruppi-
rung von Persönlichkeiten mit Andeutung eines möglichst prägnanten Mo-
ments. Die Darstellung behält noch etwas Frostiges, doch springt die
individuelle Bezeichnung gelegentlich schon bedeutend hervor. Charak-
teristisch erschien mir unter den hieher gehörigen Bildern namentlich eins
von Monsiau, das eine feierliche Sitzung der Deputirten der cisalpini-
scheu Republik unter Bonapartds Vorsitz darstellt. Man fühlt hierin schon
die Wichtigkeit des Moments, der eine Anzahl einflussreicher Personen
versammelt. Je feierlicher die Geschichte vorschreitet, um so feierlicher
werden auch die bildlichen Darstellungen. Die beiden kolossalen Gemälde
von David, die Krönung der Kaiserin Josephinc durch Napoleon und die
Vertheilung der Adler an die Armee, sind Bilder eines höchst imposanten
Theatereffekts. Gro s, David's Schüler, malte umfangreiche Bilder aus
der Geschichte des ägyptischen Krieges, die Schlacht bei den Pyramiden,
die Schlacht von Abukir, Napoleons Besuch unter den Pestkranken zu
Jaffa, und wusste auch diesen Darstellungen das Gepräge einer gewissen
theatralisch gemessenen Feierlichkeit aufzudrücken. Andre Schlachtbilder,