Anordnung
des
VOTI
Vorraths
Kunstwerken in
Greifswalde.
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weckt und verbreitet ist, welcher die Kunstunternehmungen zu würdigen
und an ihnen sich zu einer höheren Geistes- und Lebensbilduxig empor-
zuarbeiten vermag; 0b die Nachwelt dieselben als wehrhafte, geschichtlich
lebendige Denkmale unsrer Zeit, nicht eines einzelnen Fürsten, wird
gelten lassen?
Ein andres Resultat, stellt sich uns dar, wenn wir, in dieser Bezie-
hung, norddeutsche Kunstbestrebungen, vornehmlich die Düsseldorfer Maler-
schule betrachten. Ebenfalls wird hier Bedeutendes geleistet, was zwar, in
Bezug auf räumliche Ausdehnung und grossartige Massen, den Arbeiten der
Münchner Maler nachsteht, ihnen aber wohl, was innere Kraft und Be-
deutsamkeit betrifft, die Wage hält. Dies ist ein durchaus freier, unab-
hängiger Künstlerverein, bei dessen Zusammenberufung eben nicht der
Wille eines Einzelnen thätig war, dessen bisherige Leistungen lediglich
aus innerem Antriebe hervorgegangen sind. Freilich können wir nicht vor-
hersagen, wozu dieses Zusammenwirken so vieler Talente ersten Ranges
berufen sein wird.
Wenn nun die bisherige, schon so bedeutende Thätigkeit einer also
gebildeten Schule sich nicht füglich anders erklären lässt, als eben auf
dem Grunde eines inneren, im Volke lebenden Bedürfnisses erwachsen, so
wird die Annahme eines solchen noch durch "verschiedene andere Erschei-
nungen bestätigt, die unmittelbar aus dem Volke selbst hervorgegangen
sind, vornehmlich durch jene ringsverbreiteten Kunstvereine. Es ist über
die hohe Bedeutung und Pflicht der letzteren mannigfach in diesen Blättern
die Rede gewesen; wir vermeiden die Wiederholung des schon Gesagten.
Diese Vereine vertreten die Interessen eines grösseren Publikums. Wir
begegnen aber auch nicht selten, und zwar, was uns besonders erfreulich
dünkt, nicht selten in mehr abgelegenen Provinzialstädten, den Stimmen
einzelner Männer, die in ihrem Kreise thätig für die Belebung der Kunst
und des Kunstsinnes wirken, durch welche die bisher mehr centralisirten
Schätze und Kräfte der Kunst in die verschiedenen Theile der Nation, zu
allgemeiner Erbauung, hinüber geleitet werden und die selbst als Mittel-
punkte und Repräsentanten einer wahrhaften Kunstbildung zu betrachten
sind. Vor Allen gehören hieher die Gründer und Beförderer der eben
genannten Kunstvereine, die fast überall ein schönes Ziel mit Enthusiasmus
verfolgen und ihre Bemühungen mit immer wachsenden Folgen gekrönt
sehen. Aber auch viele Andre, die eben nicht im Mittelpunkt solcher ln-
stitute stehen, wirken für gleiche Zwecke, durch That sowohl wie durch
Lehre. Die Zeiten, in welchen reiche Bürger einzelner Orte es verzogen,
statt üppiger Ausschmückung des eignen Hauses, der Kirche ein Kunstwerk
zu vormachen, Viele dadurch zu erbauen und sich selbst ein würdigstes
Monument zu setzen, diese Zeiten liegen jetzt nicht mehr nur hinter uns.
So wurde z. B. erst kürzlich dem Maler Hühner von zweien Bürgern von
Meseritz, einer Stadt im Grossherzogthum Posen, die Anfertigung eines
Altargemäldes für eine dortige Kirche aufgetragen. Und wie endlich Wis-
senschaft und Kunst auf ihrem Gipfel ein sich gegenseitig Ergänzendes
sind, so muss die allgemeinere Verbreitung einer wahrhaft wissenschaft-
lichen Kunstbildung, d. h. die Lehre von den ersten Versuchen, der Ent-
faltung, Vollendung, Verzweigung, dem theilweisen Absterben, dem Neu-
aufblühen der Kunst, und dies alles mit geschichtlich-philosophischer
Begründung, nothwendig, wie alles Studium der Geschichte, auf die Gegen-