Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

Frankreich, 
Kumst-Anstalten in 
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Gemälden Michelangelds in der sixtinisehen Kapelle zu Rom, namentlich 
die von Sigalon in der Original-Grösse ausgeführte Copie des-jüngsten 
Gerichts und die Copien mehrerer Sibyllen. Die Ausführung dieser Ein- 
richtungen ruht jedoch wegen augenblicklich mangelnder Mittel. In dem 
an die Kirche anstossenden ehemaligen Kreuzgange, der wieder einen Hof 
einschliesst, sind die für die grossen akademischen Concurrenzen gefer- 
tigten Reliefs, für die sich in dem eigentlichen Palais des beaum-arts keine 
Stelle gefunden, untergebracht. In denselben, an die ehemalige Kirche 
anstossenden Seitengebäuden befinden sich ferner die Lokale für die Ad- 
ministration, namentlich das Sekretariat nebst Wohnung des Sekretairs, 
wo vorläufig noch eine interessante Sammlung aufbewahrt wird: die mit 
Meisterschaft und Genauigkeit gefertigten kleinen Origiual-Copien des 
Kupferstechers Baron Desnoyers nach Raphael, nach denen derselbe seine 
bekannten Stiche gearbeitet hat und die zum Theil in Oel gemalt sind. 
Endlich auch sind hier die wenigen, nicht ausgedehnten Lehr-Klassen der 
Anstalt befindlich. 
Der in der Ecole des beaux-arts ertheilte Unterricht besteht im Zeich- 
nen nach der Antike und nach dem lebenden Modell und in Vorträgen 
über Anatomie, Perspektive. Geschichte und Alterthümer, sowie über die 
architektonischen Fächer: 'l'heorie und, Geschichte der Architektur, Con- 
structionslehre und Mathematik. Die Ecole zerfallt hienach in die beiden 
Sectionen für Malerei und Bildhauerei und für Architektur. 
Für die erste Section ist, naturgemäss, der Unterricht im Zeichnen 
nach der Antike und nach dem lebenden Modell von entscheidender Wich- 
tigkeit; doch sind demselben nur zwei Stunden täglich gewidmet. Zur Ab- 
haltung dieses Unterrichts dienen zwei nebeneinnder liegende, ganz gleich 
eingerichtete Uebungssäle, wo die Schüler auf theatralisch angeordneten 
Plätzen dem Modell oder dem einen Gypsabguss gegenüber ihre Plätze 
finden. Der Unterricht ist in beiden Sälen gleichzeitig und die Schüler 
wechseln woohentlrch, S0 dass diejenigen, die in der einen Woche nach 
dem lebenden Modell gezeichnet haben, in der folgenden nach der Antike 
arbeiten. Dasselbe Modell dient daher stets 14 Tage lang zu den betref- 
fenden Uebungen; an Gypsabgüssen ist, des erforderlichen Wechsels hal- 
ber, eine besondre kleine Sammlung vorhanden. In jedem Saale haben 
50 Zeichner und 15 Bildhauer Platz; im Ganzen können also in die erste 
Section stets nur 130 Schüler, 100 Zeichner und 30 Bildhauer, aufgenom- 
men werden. Die Professoren der Anstalt wechseln monatlich mit dem 
Abhalten des Unterrichts; ein und derselbe Professor beaufsichtigt gleich- 
zeitig beide Säle. In jedem hat er ein Katheder, wo ihm die Zeichner, 
an deren Plätze hinzugeben die Räumlichkeit nicht verstattet, ihre Ar- 
beiten zur Correctur vorlegen müssen,  ein Umstand, der gewiss aufs 
Aeusserste unvortheilhaft und unzweckmässig ist. Nur die Arbeiten der 
Bildhauer können an Ort und Stelle revidirt werden. Ausser dem Kathe- 
der des Professors befindet sich in jedem Saale noch ein erhöhter Platz 
für einen besonderen Gardien. Die Schüler, die sich zur Aufnahme in 
die erste Section melden, haben nur nachzuweisen, dass sie das Alter von 
dreissig Jahren (über welches hinaus überhaupt kein Schüler in der An- 
stalt bleiben darf) noch nicht erreicht haben; neuerlich ist die, wohl kaum 
ganz haltbare Bestimmung hinzugefügt, dass sie auch ein Certificat irgend 
eines bekannten Professors über ihre Qualification beibringen müssen. Die 
Aufnahme selbst und die Bestimmung des Platzes wird von einer grosseu,
	        
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