Volltext: Kleine Schriften über neuere Kunst und deren Angelegenheiten (Bd. 3)

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Berichte, 
Kritiken, 
Erörterungen. 
in Antwerpen, zeichnete sich durch ihre grossen Dimensionen aus, keines- 
wegs aber durch poetischen oder artistischen Gehalt, am wenigsten durch 
malerische Wirkung. Sonderbarer Weise war Alba hier zu einem gutmü- 
thigen alten Mann, Egmont zu einem ziemlich prahlerischen Cavalier 
geworden.  Endlich: „Don Carlos auf Befehl seines Vaters Philipp lI. 
eingckerkert, im Verhör des Cardinals Espinosa" ctc., von P. Kremer 
in Antwerpen, 12 Fuss breit, 10 Fuss hoch, mit völlig kolossalen Figuren. 
somit aufdringlich genug, aber völlig ohne malerischen sowohl wie ohne 
plastischen Gehalt, und in seiner renommistischen Gewaltsamkeit sehr 
iiberflilssig.  U. dergl. m. 
Nur ein Bilddiesei- Gattung war als ein wirklich künstlerisches XVerk, 
und zugleich als ein sehr gediegenes, hervorzuheben. Es rührte aber nicht 
von einem in Belgien, sondern von einem in Holland lebenden Künstler 
her, dem Director Schmidt in Delft; die Richtung indcss, die Grundlage 
der malerischen Praxis, war auch hier dieselbe. Der Gegenstand des 
572 Fuss breiten und 5'l2 Fuss hohen Bildes war der „letztc Augenblick 
eines Kloster-Obern." Die Auffassung war schlicht naturgemäss, die Com- 
position bei aller, an das Genre streifenden Naivctät wohl gerundet, die 
dargestellten Personen und besonders die Köpfe voller Leben und Charak- 
ter, und das Ganze, in energischen Farbentönen gehalten, von einer wohl- 
thuend beruhigenden malerischen Wirkung. Das Bild erinnerte mich, seinem 
geistig künstlerischen Gehaltc nach und trotz aller Verschiedenheiten in 
Compositiou und Behandlung, an den Tod des h. Franciscus von Ghirlan- 
dajo, das bekannte Frescogemälde in der Kirche S. Triuita zu Florenz. _ 
Ergab sich solchergestalt aus den niederländischen Bildern der Kölner 
Ausstellung, dass die heutige niederländische Kunst noch keineswegs, wie 
wir aus einzelnen hervorragenden Beispielen fast vermuthet hätten, der 
charakteristische Ausdruck eines lebendigen nationellen Bewusstseins ist; 
trat dem Beschauer hier unbedenklich eine viel grössere Zerfahrenheit ent- 
gegen. als etwa in der gegenwärtigen deutschen Kunst; so fehlte es doch nicht 
ganz an Meisterwerken, die uns die schönen Schluss- und Zielpunkte des 
dortigen, noch verworrenen Strebens und den hohen Werth, den dieselben 
überhaupt für die künstlerische Durchbildung haben müssen, aufs Neue vor 
Augen stellten. Dahin rechne ich vor Allem, je nach ihren Zwecken und 
nach ihrer Eigenthümlichkeit, die Bilder von Verboeckhoven und von 
Schmidt. Der feste Grund und Boden, auf dem allein die Kunst ihre 
Werke aufcrbauen und von dem aus allein sie mit Sicherheit zu den 
höheren geistigen Regionen emporsteigen kann, ist einmal ein gesunder, 
klarer Naturalismus. Es kann in der Kunst zu keinem Erfolge führen, 
wenn die Ideen erst nachträglich mit einem Körper bekleidet werden; sie 
müssen mit diesem zugleich geboren werden. Darum aber ist für den 
Künstler das Studium der grossen Naturalisten, wie der Niederländer des 
siehzehnten Jahrhunderts, so nöthig, wenn freilich auch hier, wie überall, 
wieder ein Abweg nahe liegt, der nemlich, Studium und Nachahmung zu 
verwechseln; und doppelt nothwcndig ist dasselbe da, wo idealistische, 
spirituelle Richtungen sich einseitig in den Vorgrund drängen möchten. 
ldealistik, die der festen und durchgreifendjbelebten Natur entbehrt, führt 
nothwendig zu conventioneller Manier.  
Die übrigen Bilder der Kölner Ausstellung gehörten mancherlei ver- 
schiedenartigen künstlerischen Richtungen der Gegenwart an. Es war ein 
kleiner Theil französischer Bilder vorhanden (wohin auch etliche deutsche
	        
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