Ueber
die
diesjährige
Kunstausstellung in
Köln.
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Bilder nicht mit vornehmer Kritik zurückstellen; wo uns das reine Natur-
gefühl so erquicklich anhaucht, da ist wahrlich schon ungemein Großes
geleistet.
Verboeclthoven, wie gesagt, gehört mehr der Richtung der Holländer
an. Ueberhanpt bemerkte ich bei den belgischen Bildern wenig unmittel-
bare Nachahmung nach alten Werken, einige Studien nach Bildern ihres
Altmeisters im Genrefach, des Teniers, etwa ausgenommen. Einige auch
suchten in ähnlicher Richtung, wie Teniers. sich selbständiger zu bewegen,
waren dabei aber zum Theil in krassen Naturalismus verfallen; das Bild
eines Schitferfestes von J. Janssen in Antwerpen, sonst gut gemalt, gab
dafür u. A. ein unbehagliches Beispiel. Ein andres Bild dagegen, zwei
Trinker von C. Venneman in Antwerpen, hatte das spiessbürgerliche
Element mit gutem Humor erfasst, und zeichnete sich zugleich durch treiT-
liche malerische Haltung aus. im Uebrigen bestanden die Genrebilder der
Belgier mehr in Darstellung aus der Rococozeit oder in Proben moderner
Sentimentalität, etwa gewissen Richtungen der heutigen französischen Kunst
vergleichbar.
Die vorherrschende und vorzüglichst charakteristische- Neigung der
heutigen belgischen Kunst scheint dem Fache der Historienmalerei zuge-
wandt. Dahin gehören die gefeiertsten Namen, wie die eines de Keyser,
Wappers, Gallait, de Bicfve (von denen sämmtlich ich übrigens kein Bild
auf der Ausstellung fand); dahin wa.ren die anspruchvollsten Gemälde
der Ausstellung zu rechnen. Bei diesen machte sich namentlich das oben
berührte eklektische Studium, besonders eine gewisse conventionelle, aus
Rubensischen Farbeutönen gebildete Palette geltend. Die Auffassung war
meist naturalistisch, zum Theil sehr derb, die ganze Richtung schien dabei
zugleich mehr oder weniger von der neueren französischen Historienmalerei
alwhäßeis- Eigentlich Erfreuliches habe ich aber unter diesen Bildern
lsglgiriäixllerkt Ich nenne emlge der wichtigsten als charakteristische
nDie Erfindung der Zeichnenkunst," von P. J. van Bree in Brüssel
der oft behandelte Gegenstand aus den Sagen des griechischen Alterthums:
erinnerte noch an die alte davidische Zeit, war aber durch tlaue Auffassung
und sehr atiektirte Behandlung gar uncrspriesslich. "Eine auf den
Trümmern Jerusalems wehklagende israelitische Familie," von B. Viel-
levoye in Lüttich, war eine matte und sehr überflüssige neue Auflage
von Bendemanns trauernden Juden, mit allerlei glänzend brillanten Farben-
effekten versehen. Ein nGemetzel bei der Einnahme Lüttichs im J. 1468".
von demselben, erschien mir als eine äusserlich berechnete Nachahmung
nach P. Delaroche. Der Sturm des Richard Löwenherz auf Schloss
Torquilstone (nach W. Scotts Ivanhoe) von Gust. Buschmann in Ant-
wcrpen war nicht sonderlich mehr als ein kleines genremässiges EEekt-
bild. "Herzog Johann I. von Brabant, seine Schwester Maria, Königin
von Frankreich, befreiend," von J. J. Bekkers in Löwen, konnte etwa
als eine schanerlich verzerrte Nachahmung von Wappers' Compositions-
und Behandlungsweise bezeichnet werden. Die "letzte Zusammenkunft
des Grafen von Egmont mit dem Herzog von Alba," von J. van Rooy
Katalog nannte ,
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1) Ein nicht kleines Bild von Wappers, das der
nigstens nicht dort, als ich die Ausstellung besuchte.
Kugler, Kleine Schriften. III.
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