Ueber
die
Kunstausstel
diesjährige
Köln
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sarnmtheit, in dem Ensemble ihrer Bilder, als in der individuellen Eigen-
thümlichkeit. in dem selbständigen Werthe der einzelnen Werke beruhte,
Und gerade über den allgemeinen Charakter, über das mehr oder weniger
gemeinsame Gepräge einer Reihenfolge von Kunstwerken dürfte dem Rei-
senden, der völlig unbefangen, ohne die Theilnahme an irgend welchen
lokalen Interessen. ohne vorher erzeugte Zu- oder Abneigung hintritt, ein
nicht unsicheres Urtheil zukommen.
Die Ausstellung von Köln war der Masse nach sehr ansehnlich und
umfassend. Sie erstreckte sich rings durch die weiten Räume des Gürze-
nich. An Sculpturen war indess, wie meist überall, nur wenig vorhanden
und dies Wenige nicht von charakteristischer Bedeutung. Neben einigen
schönen. einfach Qaiven Statuetten von Pradier in Paris, sah ich manche
Beispiele von französischem Rococo und von französirend belgischer Affek-
tation. Vortreftlich durchgearbeitet zeigte sich jedoch n. A. die Marmor-
figur eines nackten schlafenden Kindes, von Jacquet in Brüssel. Es ist
aber nicht meine Absicht, auf die Scnlpturen weiter einzugehen, so wenig
wie auf Kupferstiche, Lithographien u. dergl. Ich habe nur von den Ge-
mälden zu Sprechern, welche den eigentlich wichtigen Gegenstand der
Ausstellung ausmachten.
Die überwiegende Masse der Gemälde bestand aus Arbeiten nieder-
ländischer (belgischer und holländischer) Künstler. Es war das erste
Mal, dass ich Gelegenheit hatte, über die heutige niederländische Malerei
solchergestalt einen weitern Ueberblick zu gewinnen. Auf den grossen
Kunstausstellungen Berlins hatte ich allerdings schon manch ein nieder-
ländisehes Bild gesehen, vortreffliche Seestücke von Schotel, prächtige
Wmterlandschaften von Koeckoeck, meisterhafte Viehstüeke von Verboeck-
hove", ämlge _bef"?mdl1Cllß Gßmß- und Historienbilder von belgischen
Malern, ann die beiden grossen Meisterwerke von Gallait und de Biefve,
die neuerlich so mancherlei Zerwürfniss in der deutschen Kunstkritik an-
gerichtet haben, u. s. w. Im Wesentlichen war uns in diesem Arbeiten
viel Meisterhaftigkeit, viel gesunde künstlerische Tüchtigkeit entgegenge-
treten. Es möchtg nnn in Frage kommen, ob das nur die Eigenschaften
und Verdienste dieser einzelnen Künstler sind, oder oh sie damit zugleich
eine gesammte nationale Schule vertreten?
Dürfen wir aus den Erscheinungen der Kölner Ausstellung eine Ant-
wort entnehmen und die sehr grosse Menge niederländischer Bilder
scheint dazu allerdings ein Recht zu geben so ist das letztere mit Nein
zu beantworten. Ich sah dort wohl noch manch ein rneisterhaftes, manch
ein tüchtiges und gesundes Bild, viele aber hatten davon nur den äussern
Schein, viele auch das nicht. Es scheint freilich unbillig, überall Meister-
schaft, überall gerliergeue Ausbildung zu verlangen; leuchten doch auch
in den grossen classischen Zeiten der Kunst nur wenige Sterne erster
Grösse über der weiten Flut untergeordneter Kräfte! Gewiss; aber doch
ist es in den classischen Zeiten ganz anders, und gerade sie gebennns
wie in so vielen andern Fällen, so auch hier den besten Maassstab. Dort
ist die Masse von der gesunden künstlerischen Anlage durchdrungen, aus
der sich wie im natürlichen Organismus jene höheren Blüthen entwickeln;
hier erscheint die Masse der Boden, der eine Ausdauer der künstleri-
schen Entwickelung verbürgen müsste verworren, unklar und. nur zu
häufig voneinseitigem oder auch von affektirtem, erküusteltem Streben
erfüllt. So hoch einige unter den heutigen Malern in Belgien und Holland