Neues aus
Berlin.
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liehen Werken in unsrer Stadt vorzugsweise in den Neubauten und in
der Dekoration unsres Museums. Das neue Museumsgebäude Slßlul; Sei-
ner weiten Ausdehnung zum Trotz, mit überraschender Schnelligkäit am-
por. Die Fresken, die nach SchinkePs genialen Compositionen in del.
Vorhalle des alten Museums ausgeführt werden, schreiten ebenfalls rüstig
vorwärts. Der Bronzeguss der kolossalen Amazonengruppe von Kiss ist
auf der einen Treppenwange des letzteren bereits aufgestellt; eine Inschrift
(seltsamer Weise wieder eine lateinische) an ihrem Sockel bewahrt die
Erinnerung, dass der Guss durch Privatmittel beschafft werden. Es ist
viel darüber gesprochen worden, 0b die Gruppe dort ganz vortheilhaft
placirt sei. Ohne Zweifel hätte sie in isolirter Aufstellung, unter sonst
angemessener Umgebung, noch mehr gewonnen, und namentlich wiirde'der
eine Fehler in der Composition dieses sonst so schönen Werkes, dass
nämlich in der Vorderansicht die Gestalt des Tigers, der dem Pferde der
Amazone an die Brust gesprungen ist, etwas schwer und halbwegs un-
förmlich erscheint, minder auffällig gewesen sein, während man bei der
gegenwärtigen Aufstellung vorzugsweise auf diesen Standpunkt geführt
wird und die klaren grossen Linien der Architektur, die sich unmittelbar
hinter der Gruppe erhebt, jene unschöne Linienführung noch empfindlicher
bemerklieh machen. Dennoch hat die gegenwärtige Aufstellung auch viel
Trcftliches; ihrem Geiste nach passt die Gruppe im Uebrigen doch zu
Sehinkels griechischen Architekturformen und ebenso zu seinen bildlichen
Compositionen, die in der Halle ausgeführt werden; ja man könnte fast
sagen, dass sie förmlich für das Museum gearbeitet sei, so vollständig ist
ihre Idee mit Schinkels Ideen im Einklange. Wenn erst, wozu für jetzt
Fresken vollende: , (go nsvifdlcdlih ädirrsehvrldgndldledniälflnnelidg:
überraschend bedeutsamer) Eindruck hervorbrin en und alä einvi gtören-
des werden dann nur die kolossal schwerfälliccäi läyuehstahen de; änschrift
die dsiltganlttrn Fries erfüllen und die in einesm, nur für bewegte Dekora-
Spergljelcls iinm en Archrtekturthetle gar nicht an ihrer Stelle sind, übrig
Als eine merkwürdige Erscheinung, die den e enwärti en künstleri-
schen Interessen und Zuständen Berlins ihre Entsäeäung verälankt und zu
deren Verständniss nicht unwesentlich beiträgt, habe ich hier eine so eben
erschienene kleine Schrift anzuführen. lhr Titel lautet: "Semida, der
Selbstdenker. Eine Künstlernovelle" (Berlin 1843, 168 S. in Der
Verfasser hat sich nicht genannt. Es ist, wie der Titel besagt, eine N0-
VCÜC, wohlgeschrieben, einfach und nicht ohne dichterischen Sinn ent-
wickelt; aber die Erzählung bildet nur den leichten Faden, an den sich
ein ausführliches Raisonnement über die Kunst, und besonders über die
künstlerischen Verhältnisse der Gegenwart, anreiht. Die vorjährigc Ber-
liner Kunstausstellung macht den Mittelpunkt der Novelle aus, die Wich-
tigsten Erscheinungen dieser Ausstellung geben die Anknüpfungspunlate
1) Auch der Platz zunächst vor dem Museum wird in Kurzum eine xieua
bildneriscbe Zierde erhalten, und zwar durch zwei grosse Bronzegruppen von
ROSSßb-ärldigeru, die von dem als Thierbildner riihmliclnst bekannten Baron v_
Olodt in Petersburg gearbeitet sind, und die unser König so eben als Geschenk
von dem Kaiser von Russland erhultexi luat.