hristus,
den
Untergal
lg Jerusalems
weissagend.
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Kreisen bewegt, doch einem frischen volksthürnliclten Leben seinen
Ursprung verdankt. Nur wo ein kräftiges Gemeingefühl im Volke waltet,
wo dasselbe eine nationale Existenz hat, da gewinnen auch die künstle-
rischen Darstellungen jene sieghafte Existenz, der wir unsern Sinn nicht
verschliessen können. Und weil seit der jüngsten Zeit auch in Deutsch-
land das Gemeingefühl des Volkes, das nationale Bewusstsein in aller
Freudigkeit erwacht ist, so mussten jene beiden Bilder, in denen man die
verwandte Stimmung erkannte, auch bei uns mit so entschiedenen: Beifall
aufgenommen werden, vielleicht mit grösserem als in ihrem eignen Vater-
lande, eben weil sie uns etwas brachten, das uns mehr oder weniger-
noch fehlte.
Aber sollen unsre Künstler sich nun Hals über Kopf in die Nachahmung
von Gallait und de Biefve Stürzen? Lieber Freund, ich würde es für eine
Lästerung des deutschen Volkscharakters halten, wenn man glauben wollte,
dass dies nur möglich sei. Einzelne, haltlos an sich, darum aber auch
nicht geeignet, als Repräsentanten unsres Volkseharakters zu gelten, mögen
immerhin in solcher Nachahmung untergehen; unsre Kunst steht zu fest,
als dass sie aus der Bahn, die sie verfolgen muss, gerückt werden könnte.
Aber weiter muss sie diese Bahn verfolgen, zu neuen Entwickelungsmo-
menten muss sie voranschreiten: Stillstand, ich wiederhole es, ist Tod.
Darum wollen wir die Mahnung zum Fortschritte, die uns die Bilder von
Gallait und de Biefve bringen, dankbar und freudig hinnehmen; wir wer-
den auf unsrer Bahn den Punkt finden, wo ihre Richtung mit der unsern
sich kreuzen muss. Davon aber bin ich im Innersten meiner Seele über-
zeugt: halten wir fest an dem, was unsre Kunst bisher erworben hat, und
gewinnen wir dazu noch die ganze volksthümliehe Kraft, welche unsre Zeit
erfordert, so werden wir zu einer Blüthe der Kunst gelangen, die alle
Bestrebungen unsrer Zeitgenossen hinter sich lässt.
Christus, den Untergang Jerusalems weissagend. Das Original-
gemälde, 7 Fuss 3 Zoll hoch, 8 Fuss 8 Zoll breit, befindet sich im Besitz
Sr. Majestät des Königs von Prenssen. Gemalt von Begas, lith. von W.
Schertle. Verlag und Eigenthum der C. G. Lüderitischexx Kunsuzerlugs-
handlung zu Berlin.
(Kunstblatt
1843,
Unter den Lithographieen, die neuerlich in Berlin erschienen sind, ist
die vorstehend genannte als eine Arbeit von vorzüglicher Bedeutung her-
vorzuheben. Zunächst des Gegenstandes wegen. Das Gemälde, welches
sie darstellt, können wir mit Zuversicht zu den vorzüglichst charakteristi-
schen Werken der neueren Zeit rechnen. Es ist, wie die Mehrzahl der
Werke der norddeutschen Kunst, ein Situationsbild. d. h. ein solches. in
welchem die Gestalten nicht sowohl durch dramatische Handlung als durch
gemüthiiche Stimmung verknüpft werden; aber es rechtfertigt seine Gat-
tung durch das tief bedeutungsvolle Moment, welches diese Stimmung