400
Berichte,
Kritiken,
Erörterungen
König dargestellt werden, der den preussischen Staat reich und herrlich
gemacht hat, der Held und Meister des achtzehnten Jahrhunderts, der
„grosse Friedrich"; zugleich aber auch der, den das Volk mit behaglicher
Theilnahme noch heute als seinen „alten Fritzu benennt. So sehen wir
ihn auf seinem ruhig schreitenden Rosse sitzen, in Haltung und Geberde
einfach, so, wie ihn in der langen Zeit vom Hubertsburger Frieden bis zu
seinem Tode das Volk zu sehen gewohnt war, in seiner schlichten Klei-
dung, den Hut tief in die Stirn gedrückt, die nachlässig aufgezogenen Stie-
feln ohne den Stachel der Sporen, in der Linken die Zügel haltend, die
Rechte in die Seite gestützt und daran den Krückstock, den er selbst zu
Pferde führte, niederhangend. Es ist der alte König, der das Ziel seines
Strebens erreicht hat und der hier, wie es so oft im Leben der Fall war,
in väterlicher Ruhe unter den Seinen erscheint. Bei allem individuellen
Gepräge aber, bei aller scheinbaren Nachlässigkeit in Tracht und Haltung,
hat Rauch zugleich jenen Ausdruck geistiger Würde und Energie wieder-
zugeben gewusst, über deren Wirkung uns die staunenden Zeitgenossen so
manchen bemerkenswerthen Bericht hinterlassen haben. Es ist etvras eigen-
thümlich Elastisches in dieser gebeugten Gestalt, das uns mit Bestimmt-
heit fühlen lässt, dass sie fähig genug sei, sich zur mächtigsten Kraftäus-
serung zu erheben; aufs Entschiedenste spricht sich dies in den Zügen des
lebhaft emporgerichteten Gesichtes aus. Als Abweichung von der gewöhn-
lichen Tracht Friedrichs erscheint nur der Königsmantel, der Brust und
Rriken bedeckt und in weiten Falten niederhängt. Er bezeichnet wenn
wir es so ausdrücken wollen auf symbolische Weise den königlichen
Herrscher; er bildet aber zugleich eine der wirklichen und bestehenden
Insignien der königlichen Würde (wie wenig es sich auch Friedrich an-
gelegen sein liess, in den vorkommenden Fällen sich solcher Insignien
zu bedienen); er ist es somit, was, auf vollkommen natürliche und unge-
zwungene Weise, der Gestalt die grössere monumentale Fülle, ihr auch
in den äusseren Linien der Erscheinung die grössere Erhabenheit giebt.
Ueber das Detail der Ausführung genüge die Eine Bemerkung, dass auch
hier sich mit stylistischer Würde durchweg jene feine Naturbeobachtung
vereint, die Rauchls neuere Werke so eigenthümlich auszeichnet.
Der wichtigste Theil des Denkmals ist hiemit, bis auf den Abguss,
vollendet. Jetzt steht noch die Arbeit des Sockels bevor, dessen Bild-
werk der kolossalen Reiterstatue untergeordnet sein muss, indess ohne
Zweifel eine längere Zeit für die Ausführung in Anspruch nehmen wird.
Die obere, kleinere Abtheilung des Sockels wird einfachere Reliefs, auf
die friedlichen Thaten des Königs bezüglich, enthalten; die untere dagegen
eine grosse Schaar lebensgrosser I-Iautreliefliguren, die Gestalten der Hel-
den, mit denen er seine zahlreichen Siege erfocht. Hier liegt dem Bild-
hauer noch ein reiches Feld zur neuen Darlegung seiner Meisterschaft vor;
schwerlich aber dürfte, schon nach der kleinen Skizze zu urtheilen, ander-
weitig ein Postament einer Reiterstatue gefunden werden, welches histori-
sches Leben und monumentale Fülle auf ähnlich wirkungsreiche Weise
vereinigte.
Man hat hier viel über das Verhältniss der Rauch'schen Reiterstatue
des grossen Königs zu der, welche Kiss für Breslau modellirt hat (und über
welche in diesen Blättern kürzlich berichtet ist) gesprochen. Das Verhält-
niss beider Werke zu einander ist sehr einfach. Kiss hat mit richtigem
Takte, dem Zwecke seiner Aufgabe gemäss, den jugendlichen Eroberer-